In der Strieskanne wird digital gegärtnert

Dresden. Hier ist vieles anders als in der Laubenpieperparzelle. Keine Zäune, keine akkurat gestutzten Rasenflächen, keine Gartenhäuschen mit Gardinen. Stattdessen Hügel- und Hochbeete, ein großer Sandkasten und ein kleiner Schuppen aus rohen Holzlatten, an denen die Infos dazu hängen, was hier im Gemeinschaftsgarten so geplant ist.
Genau ein Jahr gibt es die Strieskanne jetzt hinterm Kaufland Borsbergstraße, direkt auf der großen öffentlichen Grünfläche. In ihr wachsen Kräuter und Beeren in Kübeln, blühen Tulpen und wartet der große Sandkasten darauf, dass endlich wieder die Kinder der Gärtner zusammen spielen können. "Die Coronakrise setzt uns auch ganz schön zu", sagt Gerda Berger.
Eigentlich wollte der harte Kern der Strieskanne, rund sechs Mann und alle um die 30, Ende März im Planungsworkshop mit neuen Mitgliedern besprechen, was dieses Jahr im Garten nicht nur wachsen, sondern auch sonst so passieren soll. Zum Beispiel Sommer- und Erntedankfeste. Und eigentlich wollte man auch längst gemeinsam in den Beeten säen und pflanzen. Doch daraus wurde nichts.
"Derzeit läuft bei uns fast alles digital", sagt Berger, die zu den Gründungsmitgliedern gehört. Nur einzelne fahren zu den Beeten, um umzugraben, neue Erde einzufüllen und zu pflanzen. Mehr passiert auf der Online-Plattform, wo alle Mitstreiter ihre Ideen auf Karten eintragen. Auch, was auf den einzelnen Beeten gepflanzt wird, erscheint dort. Logisch, dass alles genau nach Fruchtfolgen geplant wird. Auch die Verantwortlichkeiten werden festgelegt. "Im Sommer gibt es für jedes Beet Gießverantwortliche, da kann man sich angesichts der Hitze des letzten Jahres nicht darauf verlassen, dass gerade jemand Zeit hat", sagt Berger.
Dabei funktioniert der Gemeinschaftsgarten genau nach diesem Prinzip. Alle fühlen sich ein Stück weit dafür verantwortlich, aber nur, soweit es zeitlich möglich ist. Das Gärtnern in Gemeinschaft mitten in der Stadt soll Spaß machen, aber kein Zwang sein. "Bei uns gibt es auch Mitglieder, die nur zum Bauen kommen, andere organisieren", sagt Beatrice Biesold. Auch sie ist von Anfang an dabei. Gerade hat sie vorgezogene Kartoffeln mitgebracht, die in einer aufgeschnittenen Milchverpackung ausgetrieben haben. "Nachhaltigkeit ist unser Prinzip", sagt die junge Frau.
Samen tauschen - und Erfahrungen
Aus Europaletten entstanden in der Strieskanne Hochbeetrahmen und Sitzmöbel. Die Stämme, mit denen der Sandkasten eingefasst ist, stammen aus einem anderen Dresdner Gemeinschaftsgarten, wo ein Sturm einen Baum umriss. "Unser Trägerverein ist der Verein Ufer Projekte, der insgesamt acht Dresdner Projekte betreut", sagt Biesold. Untereinander werden Samen, Erfahrungen und Material getauscht.
Ausschließlich samenfestes Saatgut kommt in die Erde, keine Hybriden, die sich nicht vermehren. Im Vorjahr haben sie gute Ernten erzielt, sagt Erna Berger. Vor allem Gemüse wie Tomaten und Zucchini konnte reichlich mit nach Hause genommen werden.
"Wir möchten, dass unser Garten ein Treffpunkt wird, wo man sich austauscht und Jüngere und Ältere zusammenkommen", sagt Gerda Berger. Doch das funktioniert nicht immer. So hätten 2019 Jugendliche die Strieskanne für Treffen bis weit in die Nacht genutzt. Zum Ärger der Anwohner. "Hier würden wir uns auch ein paar Sozialarbeiter für die jungen Leute wünschen."
Dass ohne Zaun auch ungebetene Gäste kommen, merkten die Gärtner, als ihre Möbel zerstört und mit Kürbissen und Kohlköpfen Fußball gespielt wurde. "Das war schade, aber mitten in der Stadt muss man wohl mit Vandalismus rechnen", sagt Beatrice Biesold.
Wasser ist wichtigstes Gut
In diesem Jahr wollen die Gärtner einen weiteren Versuch unternehmen, mit Kaufland ins Gespräch zu kommen. "Unser wichtigstes Gut ist Wasser. Das haben wir hier nicht. Aber Kaufland hat ein großes Dach, von dem Regenwasser in die Kanalisation fließt. Wir würden davon gern etwas in unsere Wasserbehälter leiten", sagt Gerda Berger.
Bisher haben sie Wasser von der Stadt bekommen, von ihr pachten sie auch das Grundstück. Für dieses Jahr ist geplant, dass sie ein Standrohr zu einem Hydranten bekommen sollen. Die Stadt würde die Kosten übernehmen. "Aber das widerspricht unserem Nachhaltigkeitsprinzip, hier Trinkwasser zu nehmen", sagt Berger. Im Moment gebe es jedoch nur diese Lösung.
Inzwischen sind fast alle Beete belegt. Erbsen sind darin gerade aufgegangen und die Erdbeeren, kombiniert mit Zwiebeln, haben Blüten angesetzt. Auf dem Hügelbeet wachsen der ewige Kohl und die Melde. In diesem Jahr sollen noch ein Bohnentipi entstehen, ein Barfußpfad, eine Sitzecke im Schatten und eine Veranda vor dem Schuppen. "Neue Mitglieder wären schön", sagt Gerda Berger.
Der Beitrag ist Teil einer neuen Serie auf sächsische.de, in der wir frische Ideen für Kleingärten in Dresden vorstellen. Am Sonntag lesen Sie mehr in unserer Serie über den Bönischgarten aus der Johannstadt.