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In Dresden fehlen altengerechte Wohnungen

Ulrike und Günther Klöber ziehen zum Jahresende in eine altengerechte Wohnung am Leutewitzer Ring in Gorbitz. „Mein Mann ist schwer gehbehindert, es fällt ihm schwer, die Treppen zu steigen. Wir wollen später einmal nicht ständig auf Hilfe angewiesen sein“, sagt Ulrike Klöber.

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Von Bettina Klemm

Ulrike und Günther Klöber ziehen zum Jahresende in eine altengerechte Wohnung am Leutewitzer Ring in Gorbitz. „Mein Mann ist schwer gehbehindert, es fällt ihm schwer, die Treppen zu steigen. Wir wollen später einmal nicht ständig auf Hilfe angewiesen sein“, sagt Ulrike Klöber. Kinder und Enkel seien berufstätig, führten ihr eigenes Leben. Seit zwei, drei Jahren sind sie deshalb schon auf der Suche. Sie wollen gern im bisherigen Umfeld und in der Nähe ihres Gartens bleiben. „Wir haben künftig eine kleine Drei-Raum-Wohnung mit Aufzug und Dusche“, sagt der 79-jährige Günther Klöber. Auch Einkaufsmöglichkeiten und Straßenbahn seien dann viel leichter zu erreichen.

Wohnungen ohne Barrieren

Altersgerechte Wohnungen werden in Zukunft eine größere Rolle spielen. Im Jahre 2025 werden in Dresden 14150 Senioren-Wohnungen fehlen. Zu dieser Erkenntnis kommt das Pestel-Institut. Es versteht sich als Forschungsinstitut und Dienstleister für Kommunen, Unternehmen und Verbände.

„In 15 Jahren wird es in Dresden 24 Prozent mehr Haushalte mit Über-70-Jährigen geben als heute“, sagt Matthias Günther vom Pestel-Institut. Er geht davon aus, dass davon nur jeder Fünfte der dann 70740 Senioren-Haushalte auf eine Wohnung ohne Barrieren wie Treppen und Schwellen angewiesen ist.

Die Eisenbahnerwohnungsbau-Genossenschaft (EWG) setzt schon seit Langem auf die Zielgruppe ältere Menschen. „Unsere altersfreundlichen Wohnungen lassen sich gut vermieten“, sagt Vorstand Jürgen Hesse. Derzeit habe die EWG 180 altersfreundliche Wohnungen. Sie sind mit Aufzügen ausgestattet, die direkt auf den Wohnetagen enden, sodass die Bewohner keine Treppen steigen müssen. Auf Schwellen wurde gänzlich verzichtet, die Bäder sind in der Regel mit Dusche.

40 Wohnungen am Leutewitzer Ring 7 bis 9 werden im November fertig. Für deren Sanierung wendet die EWG 2,1 Millionen Euro auf. Der benachbarte Leutewitzer Ring 1 bis 3 wurde 2008 seniorengerecht mit 47 Eineinhalb- und Zweiraumwohnungen umgebaut. Da sich viele ältere Mieter aber auch etwas größere Wohnungen wünschen, werden nun auch Dreiraumwohnungen geschaffen. 120 weitere Wohnungen an der Hetzdorfer Straße werden Ende 2011/Anfang 2012 bezugsfertig, sagt EWG-Sprecherin Antje Neelmeijer.

Ähnliche Projekte verfolgen auch andere Wohnungsgenossenschaften in der Stadt. Auch private Eigentümer denken bei der Sanierung an betagte Mieter. So will die Firma Berlinhaus im nächsten Jahr altengerechte Wohnungen am Altmarkt schaffen.

Kommt zur Wohnung noch eine entsprechende Betreuung der Senioren, spricht man vom betreuten Wohnen. 66 Angebote in Dresden lassen sich derzeit auf den „gelben Seiten“ finden. So bietet der Verein Betreutes Wohnen 127 Wohnungen an der Glashütter Straße. „Hier haben wir derzeit Wartelisten von zwei Jahren“, sagt Geschäftsführer Thomas Fink. In kleineren Häusern mit einem nicht so günstigen Umfeld sei es aber möglich, gleich eine Wohnung zu bekommen, versichert er.

Aktuelle Zahlen gibt es nicht

Wie viele seniorengerechte Wohnungen derzeit in Dresden fehlen, kann niemand genau sagen. „Es fehlen Statistiken. Anders als bei behindertengerechten Wohnungen, die für Rollstuhlfahrer geeignet sind, gibt es nicht einmal eine genaue Definition“, bedauert Matthias Günther vom Pestel-Institut.

Die Stadt Dresden hat auch eine Studie in Auftrag gegeben, um den Bedarf an alten- und behindertengerechten Wohnungen zu ermitteln. „Die Ergebnisse unserer Studie bestätigen die Aussage des Pestel-Instituts über ein stetiges Anwachsen der Zahl der Haushalte mit älteren Menschen“, sagt Sozialamtsleiterin Petra Zschöckner. Aber der wirkliche Bedarf sei schwer einzuschätzen. Die Wünsche der Befragten seien oft größer als deren Möglichkeiten. Altengerechte und behindertengerechte Wohnungen haben ihren Preis. Den kann sich die heutige Rentnergeneration in der Regel leisten. Wie es in 15 Jahren aussieht, ist fraglich. Dann kommen viele ins Rentenalter, die nach 1990 „unterbrochene Erwerbsbiografien“ haben, wie die Arbeitslosigkeit im Amtsdeutsch umschrieben wird.