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In kleiner Straße pulsierte das Leben

Wer wusste schon, dass es in der Waldheimer Straße eine Brauerei gegeben hat, dass es hier eine Gärtnerei gab und heute zwei Religionsgemeinschaften beheimatet sind? Die Teilnehmer der heimatgeschichtlichen...

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Von Reinhard Kästner

Wer wusste schon, dass es in der Waldheimer Straße eine Brauerei gegeben hat, dass es hier eine Gärtnerei gab und heute zwei Religionsgemeinschaften beheimatet sind?

Die Teilnehmer der heimatgeschichtlichen Führung haben aus dem Munde von Andreas Riethig, der selbst 1977 in der Straßee wohnt und sich seit 1992 intensiv mit ihrer Erforschung beschäftigt, viel Interessantes erfahren.

So bildeten die Häuser an der heutigen Waldheimer Straße einst den Döbelner Vorort Niedhaus. Davon kündet heute noch der Name Niederbrücke. Es gab noch die Vororte „Obenaus“ und Am Hegebrunn“.

Die Häuser wurden um 1867 aus Steinen gebaut, die im Steinbruch am Geyersberg in großen Brocken aus dem Fels gehauen, über von Pferden gezogenen Holzrutschen zur Waldheimer Straße gelangten und erst dort für den Hausbau zerkleinert worden waren.

Riethig, der eine Geschichte zu fast jedem Haus erzählen kann, machte deutlich, dass es schon immer eine Straße der kleinen Leute und des kleinen Handwerks war. Etwas heraus ragt da die Feldschlösschenbrauerei, die 1880 von Theodor Eckelmann gegründet wurde. „Hier wurde einfaches Bier, Lagerbier, aber auch böhmisches und bayerisches Bier gebraut“, sagt Riethig. Das Eis zu Kühlung wurde aus zwei nahe gelegenen Teichen im Winter gewonnen, im Eiskeller eingelagert und kühlte den Gerstensaft bis in den August hinein.

Das heutige Bürgergarten-Stadion wurde erst 1938 als Kampfbahn für den Turnverein gebaut. „Ohne die großzügige Spende von Theodor Klinkert, der 30000 Reichsmark dafür bereitstellte, wäre es nie zu dem Bau gekommen“, sagt der Heimatfreund und verweist darauf, dass es auch schon früher nicht ohne Sponsoren ging. 1958 ging das Stadion an den Sportverein „Vorwärts“, wurde später zum NVA-Stadion und ist nach 1991 in städtischen Besitz übergegangen. Sie lässt jetzt die Traversen erneuern.

Weder von der Bachschänke, noch von dem Albertschlösschen, beides beliebte Lokale der Döbelner, gibt es heute noch etwas zu sehen. Das „Albertschlösschen“ erlebte vor einigen Jahren eine Wiedergeburt einige Meter von einstigen Standort entfernt in der Albertstraße.

Wohl die wenigsten heben die Blicke, wenn sie durch den Eisenbahnviadukt hindurchlaufen. „Dort sieht man noch heute, dass diese Strecke einst zweigleisig war“, sagt Riethig. Nach 1905 wurde der zweite Schienenstrang gelegt und damit die Brücke vergrößert. Die frühere Stahlbrücke ist noch gut an den Nieten zu erkennen, während der neue Teil bereits auf Rollen gelagert ist. Das zweite Gleis wurde nach 1945 zurückgebaut. Riethig zeigt ein Überbleibsel der damaligen Zeit: Die Halterung für das Einfahrvorsignal. „Es wurde vom Stellwerk in Masten aus bedient, was eine enorme Entfernung war“, sagt der einstige Eisenbahner Riethig.

Letzte Station des Rundgangs war die Neuapostolische Kirche. Gemeindevorsteher Jürgen Mehnert machte die Gäste mit der Geschichte und dem Anliegen der Religionsgemeinschaft vertraut. Seit 2002 haben die Mitglieder der Kirche den Neubau bezogen, der nach dem Abriss eines Hauses in der Waldheimer Straße entstand. „Wir pflegen gute Beziehungen zu unseren Nachbarn“, sagte Jürgen Mehnert.