Von Christian Eissner
So viel Aufwand hat Matthias Riedel noch nie für eine seiner Blütenschauen betrieben. Der Leiter der Botanischen Sammlungen im Landschloss Pirna-Zuschendorf hat monatelang in Archiven gestöbert, alte Fotos und Gemälde herausgesucht, befreundete Gärtner und Wissenschaftler befragt. Nun kann man das Ergebnis dieser Forschung im Schloss zumindest teilweise schon bewundern: eine einzigartige Ausstellung, die die 200-jährige Geschichte des Zierpflanzen-Gartenbaus in Sachsen und Deutschland aufarbeitet.
Offiziell eröffnet wird die Schau „200 Jahre Zierpflanzenbau in Deutschland“ zwar erst am 16. März, aber viele der Text- und Bildtafeln hängen schon, sodass Besucher der Kamelienblütenschau sie studieren können.
Im Zentrum des Rückblicks steht die Dresdner Gärtner-Dynastie Seidel. 1813, erzählt Matthias Riedel, kommt der junge Jacob Friedrich Seidel von Paris zurück ins halb zerstörte und unter den Folgen der napoleonische Kriege leidende Dresden. In seinem Tornister: Setzlinge einer außergewöhnlichen und geheimnisvollen asiatischen Blume, der Kamelie. Sein Vater, der königliche Hofgärtner, empfängt ihn an der Orangerie im Herzogin Garten. Ihm eröffnete der gerade einmal 20-Jährige, dass er, der schweren Zeit zum Trotz, eine Kamelien- und Zierpflanzenzucht gründen wolle. So legt er mit seinem Mut und Unternehmergeist den Grundstein für eine der berühmtesten Zierpflanzengärtnereien weltweit und markiert zugleich den Beginn des professionellen Zierpflanzenbaus in Deutschland.
Wenn die Seidelsche Gärtnerei im 19. Jahrhundert ihre Gewächshäuser öffnete, um zu Beginn des Frühjahrs die Kamelienblüten zu zeigen, dann reiste der gesamte europäische Hochadel nach Dresden und schwärmte von der „schönsten Ouvertüre des Frühlings“. Kaiser und Könige zählten zu Seidels Kunden. Später entwickelten sich aus dieser Tradition heraus die bekannten Dresdner Zierpflanzen-Ausstellungen.
All das kann man im Landschloss jetzt gut aufbereitet nachlesen und anschauen, aber natürlich gibt es auch wieder jede Menge wundervolle Kamelienblüten, vom Team der Botanischen Sammlungen fantasievoll arrangiert. Außerdem werden Kamelien-Aquarelle der Dresdner Künstlerin Irene Barkmann gezeigt. „Selbst der gestrenge Botaniker steht völlig erstaunt vor ihrer Detailtreue“, erzählt Matthias Riedel begeistert. Wie schon im vergangenen Jahr, sind darüber hinaus in den Gewächshäusern Sandstein-Skulpturen des Pirnaer Künstlers Ralf Zickermann zu sehen, der leider kürzlich verstarb.
Wer von Blüten nicht genug bekommen kann, dem ist dieses Jahr durchaus ein mehrmaliger Besuch im Landschloss zu empfehlen. Denn mit der Jubiläumsschau am 16. März wird das Schloss erstmals seine Ausstellungsfläche auf alle drei Etagen erweitern. Ein Höhepunkt wird sicher das nachgestaltete chinesische Rhododendron-Tal in einem großen Saal unterm Dach.