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Infektionsschutzwände im Akkord

Die Tischlerei Kahnt aus Dörschnitz ist für Handwerkskunst bekannt. Jetzt baut sie etwas ganz Profanes.

Von Jürgen Müller
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Gerd Baumann (links) und Thomas Kahnt bei der Montage einer Infektionsschutzwand aus Plexiglas.
Gerd Baumann (links) und Thomas Kahnt bei der Montage einer Infektionsschutzwand aus Plexiglas. © Jürgen Müller

Lommatzsch. Dieser kleine Familienbetrieb in Dörschnitz hat eine lange Tradition. Seit 126 Jahren gibt es die Tischlerei Kahnt, sie wird in fünfter Generation geführt. Unter den geschickten Händen der sieben Mitarbeiter entstehen Fenster, Türen,  Möbel.  Und die Tischlerei  ist bekannt für ihre Handwerkskunst.  Inhaber Thomas Kahnt fertigte beispielsweise das Eingangsportal der Dresdner Frauenkirche. Es war zugleich sein Meisterstück. Bei der Sanierung der "Alten Post" in Stauchitz  wurden nach Vorgaben des Denkmalschutzes Haustüren, Fenster und Innentüren angefertigt. Die Firma baute auch eine Giraffenanlage im Zoo Dresden. 

Doch seit einigen Wochen entsteht in der Werkstatt im Lommatzscher Ortsteil Dörschnitz etwas ganz Profanes und für die Firma Außergewöhnliches. Im Akkord entstehen Infektionsschutzwände aus Plexiglas für Ärzte, Banken, Apotheken sowie den Einzelhandel. "Trotz momentan guter Auslastung im Bereich Bau und Innenausbau, bedienen wir nun auch diese Nachfragen und erweitern damit zum einen unser Produktportfolio und bieten damit zum anderen schnelle Unterstützung zur Einhaltung der für die Auftraggeber angeordneten Maßnahmen zum Hygieneschutz. Durch die aktuellen Umstände der Coronapandemie können wir auch als Tischlerei einen Beitrag dazu leisten, den Infektionsschutz zu verbessern und so der Verbreitung der Viren entgegenzuwirken", sagt Tischlermeister Thomas Kahnt.

Die dreiteilige Schutzwand besteht aus stabilem, vier Millimeter dicken Plexiglas sowie den beiden Standfüßen aus Birkoplex, die klar, weiß oder anthrazit lackiert sind . Die drei Teile müssen nur zusammengesteckt werden. Die Höhe der Durchreiche unten beträgt sechs Zentimeter. Die Wand braucht nur aufgestellt werden. An beiden Füßen befindet sich ein spezielles Power-Klebeband, welches das Verrutschen auf dem Tisch verhindert und für einen sicheren Stand sorgt. Ab einer Höhe von 90 Zentimetern wird das Acrylglas mit Seitenleisten geliefert.

Die Infektionsschutzwand ist für Verkaufsschalter, Theken, Empfangstresen, Rezeptionen und alle Bereiche mit regelmäßigem Kundenkontakt geeignet. Sie bietet für Mitarbeiter und Kundschaft einen erhöhten Hygieneschutz und senkt das Risiko von Infektionen wie Grippe-Erreger oder Corona-Viren.

Explosion an Bestellungen

Angefangen hatte alles vor rund vier Wochen mit einer Anfrage der Inhaberin der Meißner Hahnemann-Apotheke, die eine Infektionsschutzwand aus Plexiglas montiert haben wollte. "Wir haben sofort zugesagt und schnell geliefert. In diesen Zeiten muss man flexibel sein und rasch umdenken. Durch Empfehlungen der Apothekerin kam es zu weiteren Anfragen", so Thomas Kahnt. Derzeit ist über die Hälfte der Mitarbeiter mit dem Zuschnitt und der Montage der Infektionsschutzwände beschäftigt. 

Mittlerweile gibt es deutschlandweit Bestellungen, nachdem die Firma das Angebot auch auf ihrer Homepage anpries. Es kam zu einer regelrechten Explosion an Bestellungen. Etwa 150 Plexiglaswände haben den Betrieb verlassen, es gibt noch einmal so viele Bestellungen, die Nachfrage reißt nicht ab. Statt Kurzarbeit wie in anderen Firmen sind in der Tischlerei Überstunden angesagt. "Viele Kunden möchten die Wände am liebsten gleich mitnehmen. Aber zwei , drei Tage Wartezeit gibt es schon", so der Inhaber.

Bei seinem Lieferanten in Leipzig hat er alles aufgekauft, was Plexiglas heißt. Wie lange der Vorrat reicht und ob es Nachschub gibt, weiß er nicht. Erfahrungen mit Plexiglas hat der Handwerksbetrieb schon lange. Der Kunststoff wird für große Bilderrahmen für Museen verwendet, auch für den Versand eignet er sich hervorragend.

Doch nach der Krise ist vor der Krise, fürchtet auch Thomas Kahnt. "Nach der Corona-Krise ist es natürlich fraglich, wie viele Privatkunden ihre Aufträge noch im Bau oder Innenausbau umsetzen lassen, wenn diese beispielsweise selbst durch Kurzarbeit betroffen und damit weniger Geld zur Verfügung haben", sagt er. Und hofft, dass durch das große Angebot an Leistungen und Produkten die Tischlerei auch künftig genügend Aufträge hat. 

Zum Thema Coronavirus im Landkreis Meißen berichten wir laufend aktuell in unserem Newsblog.