SZ +
Merken

Initiative gegen Flüchtlings-Gettos

In der Stadt gilt noch immer der Notfallplan. Weil nun weniger Asylbewerber kommen, soll sich einiges ändern.

Teilen
Folgen
© Sven Ellger

Von Andreas Weller

Gut 4 600 Asylbewerber hat die Stadt derzeit in Wohnungen und Heimen untergebracht. Doch die Verteilung ist stark konzentriert auf einzelne Ortsämter. So leben derzeit in Cotta 1 116 Geflüchtete, in Prohlis sind es 981, in Plauen 631, in der Altstadt 452, in der Neustadt 435, in Pieschen 183, in Leuben 172. In Blasewitz sind es 107, in Loschwitz 77, in Schönfeld-Weißig 59, in Klotzsche 21, in Cossebaude sechs und in Weixdorf noch fünf. Dazu sind einige privat untergebracht, leben als Minderjährige unter Obhut der Stadt oder sitzen im Gefängnis – 71 Straftäter sind es derzeit. Linke, Grüne und SPD wollen nun die Qualität der Unterbringung verbessern und dabei auch gleich für eine bessere Verteilung über die Stadt sorgen.

Die starke Konzentration fällt vor allem in Cotta und Prohlis auf. Das liegt laut Stadtverwaltung vor allem daran, dass es dort mehr günstige Wohnungen gibt, beispielsweise in den Plattenbaugebieten. In anderen Teilen der Stadt, mit vorwiegend teureren Wohnungen, sind demnach auch weniger Asylbewerber untergebracht. Dass in Loschwitz überhaupt 77 Flüchtlinge leben, liegt vor allem daran, dass die Sammelunterkunft an der Pillnitzer Landstraße alleine auf 70 kommt. Dass die Gebiete mit vielen Geflüchteten gleichzeitig soziale Brennpunkte sind, könne zu einer Gettoisierung führen. „Es geht darum, die Situation für die Menschen in den Unterkünften und auch der anderen Bewohner zu verbessern“, so Linken-Stadträtin Kerstin Wagner. Sie betont aber, das sei keine Reaktion auf irgendwelche Proteste von Anwohnern oder Asylgegnern.

Insgesamt müsse die Unterbringung verbessert werden. Denn noch immer gelte der Notfallplan, der vom Rat beschlossen wurde, als 2014 und 2015 Dresden sehr viele Flüchtlinge aufnehmen musste. Der Plan umfasst etwa die Nutzung von Turnhallen, ganze Hotels zu mieten, Container anzuschaffen und auch die bis dahin geltende Höchstzahl von 65 Menschen pro Heim zu streichen. „Das war zu der Zeit richtig“, sagt Grünen-Stadträtin Tina Siebeneicher. „Jetzt wollen wir diese Notfallplanung aber aufheben.“ Die Turnhallen werden nicht mehr als Unterkünfte genutzt und Container bisher nicht benötigt. Die Verträge mit den Hotels „Days Inn“ an der Strehlener Straße und „Tryp“ an der Fritz-Reuter-Straße laufen aber noch bis Ende 2018 und der mit dem ehemaligen „Prinz-Eugen“ an der Gustav-Hartmann-Straße sogar bis Ende 2020. Diese sollen nicht verlängert werden. Auch die Höchstgrenze von 65 Menschen pro Unterkunft müsse wieder gelten.

Generell sollen Heime geschlossen und Wohnungen nicht länger gemietet werden, die die Stadt nicht benötigt. Vor allem in den Stadtteilen, in denen bereits viele Flüchtlinge untergebracht sind. „Das ist auch für die Integration besser“, sagt SPD-Stadtrat Vincent Drews. Die Wohnungen könnten dann für Wohnungslose genutzt werden, schließlich gelten die Asylbewerber auch als Wohnungslose, wenn sie anerkannt werden und in Dresden bleiben.

In Cotta, wo die meisten Asylbewerber wohnen, gibt es zwei Heime – an der Podemusstraße und an der Tharandter Straße. „Sie sollen langfristig weitergenutzt werden, stellt Sozialbürgermeisterin Kristin Kaufmann (Linke) klar. „Ich teile das Ansinnen des Antrags.“ Aber viele Punkte seien bereits gelebte Praxis. So baut die Stadt derzeit rund 1 000 Plätze ab. „Unser Augenmerk gilt schon heute besonders Cotta und Prohlis. Hier werden wir die Anzahl der Unterbringungsplätze in den nächsten Monaten weiter reduzieren“, so Kaufmann. Bis heute sind bereits elf Heime in der gesamten Stadt geschlossen, oder dort wurde die Belegung deutlich reduziert.

„Es wäre zu kurz gesprungen, die Unterbringungsfrage nur auf das Asylverfahren zu fokussieren“, warnt Kaufmann. Schon jetzt zeichne sich ab, dass Wohnungen für anerkannte Flüchtlinge quasi automatisch die jetzigen Unterkünfte für Asylbewerber werden. Zudem sei es wichtiger, gute Integrationsangebote von Bürgern im Umfeld zu nutzen, als Plätze nur wegen ihrer Lage in der Stadt abzuschaffen.