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Invasion der Schauspieler

Wo sonst Unterricht auf dem Plan steht, wurde einen halben Tag lang Theater gespielt. Die Oberschüler hat‘s gefreut.

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Von Marcus Herrmann

Diese sechs Schauspieler machen dem Namen ihres Projektes alle Ehre: Invasion – Theater bespielt Schule. Dem Motto folgend, kaperten die Darsteller von den Landesbühnen Sachsen am vergangenen Freitag die Klassenräume der achten und neunten Stufe der Oberschule Königstein. Und das kurz vor den Sommerferien. An diesem Tag standen nicht Biologie oder Mathe auf dem Lehrplan, sondern Theater.

Drei Stücke hatten die Darsteller des sogenannten Jungen Studios im Gepäck. Jeweils zu zweit spielten sie in drei verschiedenen Klassen ihre Stücke erst mal vor. Sie alle behandeln Probleme und Fragestellungen, die auch die Lebenswirklichkeit der Schüler betreffen. „Das ist der bewusste pädagogische Ansatz. Deswegen sind wir froh über die Zusammenarbeit mit den Landesbühnen“, sagt Englisch- und Kunstlehrerin Karin Muschalik.

Das Experiment, das schon in Schulen in Radebeul, Freital und Riesa praktiziert wurde, will Kinder und Jugendliche für das Theaterspielen begeistern und mit den Schülern in Workshops und Diskussionsrunden ins Gespräch zu kommen. „Das kommt so gut an den Schulen an, dass viele Schulleiter bei den Jungen Studios anfragen, ob Darsteller in die Schulen kommen könnten“, sagt Petra Grubitzsch, Pressereferentin von den Landesbühnen Sachsen, zufrieden.

Einfache, verständliche Sprache

Als die SZ in der Oberschule vor Ort ist, beginnt in einer Klasse gerade das von Sandra Maria Huimann und Timo Hastenpflug gespielte „Rattenklatschen“. Das Stück dreht sich um eine junge Biologielehrerin, die seit einem persönlichen Schicksalsschlag den Launen ihrer Schüler nicht mehr standhalten kann. Als sie eine tote Ratte auf ihrem Pausenbrot findet, die ihr ein 16-jähriger, pubertärer Schüler unterschob, entspinnt sich ein Dialog, der die schwierige Vergangenheit und Gegenwart beider Figuren reflektiert. In dem Stück steht die Frage des menschlichen Miteinanders im System Schule im Mittelpunkt. „Die Schüler erkennen in der dargestellten Beziehungswirklichkeit ihren eigenen Alltag“, sagt die 55-jährige Karin Muschalik. Die Lösung für ein angespanntes Verhältnis zwischen Lehrenden und Lernenden liefert das von der Dresdnerin Esther Rölz geschriebene Stück gleich mit: Offenheit und Ehrlichkeit untereinander.

Ähnlich wie „Rattenklatschen“ spielen auch die anderen beiden Stücke „Zigeunerboxer“ und „Fake“ mit drängenden Problemen junger Menschen. Weil die nach den Stücken nicht mit ihren Eindrücken alleine gelassen werden sollen, diskutieren die größtenteils um die 30 Jahre alten Jungschauspieler mit den Schülern und tauschen Erfahrungen aus.

„Es hat sich gezeigt, dass diese Öffnung der Schulen für Spiel und Kreativität wichtig für die Schüler ist, um nicht zu sehr einem Alltagstrott zu verfallen“, sagt Petra Grubitzsch. Schließlich würden sich die Situationen von Schauspielern und Schülern sogar ähneln. „Beide arbeiten in Teams, lernen immerzu und sind tagtäglich Druck, Unsicherheit und Risiko ausgesetzt“, sagt sie. Dass die Invasion der Schauspieler viele Schüler fürs Theater begeistert hat, glaubt Karin Muschalik durchaus. „Die Reaktionen der Schüler sind positiv. Die einfache, verständliche Sprache der jungen Darsteller kommt gut an.“ Im nächsten Jahr wollen die Landesbühnen ihre Aktion wiederholen und mit Stücken an Schulen gehen.