Wie Wohnen bezahlbar werden soll

Die Ausgangssituation ist klar: Die Stadt möchte Investoren eine Sozialwohnungsquote von 30 Prozent auferlegen, was diese völlig überzogen finden. Doch die Diskussion am Montagabend ging weit über die verkürzte These hinaus. Eingeladen hatten zum Thema Sozialwohnungsbauquote Baubürgermeister Raoul Schmidt-Lamontain (Grüne) sowie das Zentrum für Baukultur. Gekommen waren unter anderem Praktiker wie Berndt Dietze von der Baywobau als Vertreter der privaten Immobilienwirtschaft, aber auch Peter Faßbender, Abteilungsleiter im Stadtplanungsamt Nürnberg, und andere.
Faßbender erklärte sehr eindrücklich, wie sehr seine Stadt von der 30-prozentigen Sozialwohnungsquote profitiert hat, die dort 1995 eingeführt wurde. Es sei „von allen akzeptiert, dass an der Wertsteigerung nicht nur die Investoren, sondern auch die Kommune und ihre Bewohner teilhaben“, sagte Faßbender. Inzwischen seien 75 städtebauliche Verträge mit rund 7000 Wohnungen, davon 2500 Sozialwohnungen, umgesetzt worden. Auch über 2000 Kita-Plätze seien so entstanden. „Investoren sagen nicht, dass sie deswegen nicht bei uns bauen“, so Faßbender.
Das liege natürlich auch an der guten wirtschaftlichen Situation der Metropolregion Nürnberg, wo die Einwohnerzahl ständig wächst und die Mieten permanent steigen. Die Grundstücke würden pro Jahr sieben bis 15 Prozent teurer. „Der Druck auf den Immobilienmarkt ist enorm“, so Faßbender. Auch, weil über die Hälfte Singlehaushalte sind. „Das Argument, dass Investoren aus dem Ballungsraum in kleinere Städte gehen, können wir entkräften. Alle ringsum wenden mittlerweile unser Modell an“, so der Nürnberger Stadtplaner. Es habe sich als Instrument inzwischen so gut eingespielt, dass auch die Bearbeitungszeiten für Bebauungspläne kurz seien. In vier bis sechs Jahren seien die Projekte gebaut.
Damit nahm der Kommunalexperte bereits den größten Wind aus den Segeln der Immobilienwirtschaft, die genau das Abwandern in kleinere Städte befürchtet und damit argumentiert, dass am Ende keiner mehr baue. Doch Faßbender brach auch eine Lanze für die Investoren: Projekte dürften nicht unwirtschaftlich sein. Deshalb sei vor allem Kostentransparenz wichtig, in der auch die Kommunen genau aufzeigen, wo der Gewinn bleibt, den sie aus dem Bauprojekt abschöpfen. Genau wie der Bauträger seine Kalkulation offenlegen muss.
Ein Problem haben beide Städte gleichermaßen: Die Grundstückspreise ziehen extrem an. Faßbender sprach von total überteuerten Flächen, die verkauft werden. Berndt Dietze kennt dies nur zu genau. Dafür gibt es jedoch nur eine Lösung, sagte Arno Bunzel vom Institut für Urbanistik: Diese überzogenen Baulandpreise dürften nicht mehr bezahlt werden, darüber müssten sich alle einig sein. Denn die Wertsteigerung des Bodens müsse der Allgemeinheit zugutekommen.
An der geforderten 30-Prozent-Quote für Sozialwohnungen rieben sich die Bauträger dennoch stark. Sie könne nicht pauschal erhoben werden, sagte Alexander Kuhlendahl von der Revitalis AG, die gerade 15 Prozent Sozialwohnungen im Quartier an der Kreuzkirche baut. Und eines sei klar: „Die Mieter der frei finanzierten Wohnungen bezahlen die Sozialwohnungen mit. Sie müssen ein oder zwei Euro mehr zahlen.“ Vor allem sei nicht klar, wie lange die Förderung durch den Freistaat Sachsen noch gelte, sagte Berndt Dietze. Er wisse nicht, ob sie noch bestehe, wenn seine Projekte fertiggestellt seien. Das sei ein hohes unternehmerisches Risiko, das keine Bank mittrage. „Wir halten 15 Prozent für angemessen“, sagte der Baywobau-Chef. Zudem würde sein Unternehmen von sich aus zehn Prozent Sozialwohnungen auch dort bauen, wo kein Bebauungsplan existiert und somit die Quote nicht gelten würde.
Wie wichtig es ist, dass sich Sozialwohnungen künftig nicht nur auf Gorbitz, Prohlis, Johannstadt, Strehlen oder Reick beschränken, verdeutlichte Matthias Kunert, Quartiermanager in der Johannstadt. In seinem Viertel gibt es 22,5 Prozent geförderten Wohnraum, während es stadtweit nur drei Prozent sind. Die Durchmischung müsse wieder stärker in den Vordergrund rücken, um den sozialen Frieden zu sichern. Es dürfe keine Viertel mit Stigma geben, wo die Leute deshalb wegzögen. In Nürnberg ist diese Rechnung aufgegangen.