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„Irgendwann passiert ein Unfall“

Dieses Jahr sehen die Zschauitzer der Radsaison mehr denn je mit gemischten Gefühlen entgegen. Denn der lange geforderte Radweg nach Großenhain wird nicht gebaut, weil Geld fehlt.

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Von Annett Liebe

Mehrmals in der Woche setzt sich die Zschauitzerin Cornelia Markert aufs Rad, um zur Arbeit nach Großenhain zu fahren. Ihre Kinder radeln sogar täglich in die Kreisstadt zur Schule. „Doch mittlerweile macht ihr die Route entlang der Straße immer mehr Sorgen. „Es ist so viel Verkehr und sehr eng. Und manche Autofahrer sind einfach rücksichtslos. Ich habe Angst, dass irgendwann etwas passiert“, äußert Cornelia Markert.

Da ist sie nicht die Einzige. Viele Zschauitzer, deren Sprösslinge per Rad nach Großenhain müssen, sehen das Ganze mit gemischten Gefühlen. Und auch die anderen Einwohner des 350-Seelen-Ortsteils. „Viele Rentner fahren mit dem Rad zum Friedhof oder zum Einkaufen in die Stadt. Einige gehen auch zu Fuß“, sagt Cornelia Markert. Seit Jahren bemühen sich die Zschauitzer deshalb um einen Radweg. Der Briefwechsel mit der Stadt, dem Landratsamt und dem Straßenbauamt Meißen reicht mittlerweile bis 1998 zurück. Sogar eine Unterschriftensammlung führten engagierte Bürger durch. Doch das knapp 800 Meter lange Asphaltband, welches rund 225 000 Euro kosten würde, lässt auf sich warten.

Statt dessen wurde eine andere Verbindung zwischen Zschauitz und Großenhain gebaut. Die sich ins überregionale Radwegenetz einfügende Route Richtung Gewerbegebiet Zschieschen und von dort weiter bis zur Mülbitzer Straße wird aber kaum genutzt. „Das ist ein großer Umweg“, sagt Cornelia Markert. Das wussten die Zschauitzer schon damals und baten die Stadt, das Geld „umzuleiten“.Dies ging aber nicht, weil die Fördermittel zweckgebunden für den touristischen Radweg bewilligt wurden.

Dafür vertröstete des Straßenbauamt Meißen, zuständig für den Radweg entlang der Staatsstraße, die Zschauitzer immer wieder. 2003 nun sollte der Parcours kommen. „Wir hatten ihn technisch fest eingeplant“, sagt Erwin Joos, Leiter des Straßenbauamtes. Doch Anfang des Jahres hieß es, der Radweg sei gestrichen, weil das Geld für die Hochwasserschäden verwendet werden müsse (die SZ berichtete).

Umleitung für B 101 führt über Zschauitz

Das können die Zschauitzer aber nicht nachvollziehen. „Die Hochwasserschäden werden doch aus ganz anderen Töpfen bezahlt“, argumentiert Cornelia Markert. Das hätte ihr bei einem Gespräch Ende Januar sogar der sächsische Innenminister und Landtagsabgeordnete des Kreises, Horst Rasch (CDU), bestätigt. „Zunächst gab es wegen des Hochwassers einen allgemeinen Ausschreibungs- und Vergabestopp“, sagt Straßenbauamtsleiter Joos. Der ist inzwischen zwar wieder aufgehoben, doch es gibt noch eine zweite Anweisung. Das sächsische Finanzamt hat so genannte Minderausgaben verordnet, was wiederum das Wirtschaftsministerium auf den Plan rief. „Der Landtag hat beschlossen, alle möglichen EU- und Bundesmittel ins Land zu holen, die mit einer Co-Finanzierung vom Land Sachsen verwendet werden können“, sagt Martina Pirk von der Pressestelle. Das bedeutet, dass alle noch freien Mittel zusammengesucht sowie umgeleitet und nur angefangene Projekte zu Ende gebracht werden.

Dieser Strategie fiel nun der Zschauitzer Radweg zum Opfer. „Wir sehen aber das Projekt nach wie vor als dringlich an“, macht Wirtschaftsministeriums-Sprecherin Pirk den Zschauitzern Mut. Sobald Mittel frei werden, könnten neue Projekte finanziert werden.

Das ist im Fall von Zschauitz auch notwendig. Ab Mai wird nämlich die B 101 zwischen Ockrilla und Stauda gebaut. Die Umleitung Richtung Meißen soll über Zschauitz erfolgen. „Das heißt noch mehr Verkehr und noch mehr Gefahr für uns Radler“, stöhnt Cornelia Markert. Sie hofft, dass sich bald etwas tut. „Müssen wir hier erst richtig protestieren, damit die Politiker merken, dass es ernst ist?“