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Irre Regenschirm-Attacke an Heidenauer Supermarkt

Ein 37-Jähriger wird verurteilt, weil er auf eine Frau eingeprügelt haben soll. Zwei Mädchen sagen zudem, dass er sie belästigt habe.

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© dpa

Von Stephan Klingbeil

Gerichtsbericht. Der Angriff kommt ohne Vorwarnung. Die Pirnaerin steht am 19. Juni 2014 auf dem Parkplatz eines Heidenauer Supermarkts. Sie verfrachtet den Einkauf gerade in den Kofferraum ihres Autos. Da sieht die 26-Jährige aus dem Augenwinkel den erschrockenen Blick eines älteren Mannes. Sie dreht sich um, duckt sich instinktiv. Der schwarze Gegenstand rauscht dennoch auf sie nieder. Der krumme blaue Griff des Regenschirms trifft sie mit voller Wucht am Kopf. Sie kennt den Mann mit der Sonnenbrille nicht, der sie ohne Grund attackiert hat. Als der andere Mann und dessen Frau dazwischen gehen, sucht der Angreifer das Weite. Er habe einen „wirren Eindruck“ gemacht, so die Pirnaerin zur Polizei. Sie hat Schmerzen und am Hinterkopf eine Beule.

Kurz danach wird der mutmaßliche Angreifer in Heidenau verhaftet. Nun muss sich der 37-jährige Maik H. vor dem Amtsgericht in Pirna verantworten. Doch nicht nur wegen der Regenschirm-Attacke wird ihm der Prozess gemacht. Die Anklage gegen den drogenkranken H. umfasst fünf Punkte. Die Taten fanden alle zwischen 16. Mai und 19. Juni 2014 in Heidenau statt. Zunächst soll er zwei Polizistinnen übel beleidigt haben. Es gibt Zeugen. „Ich kann mir vorstellen, dass ich das gemacht habe“, sagt Maik H. Auch, dass er am Rande des Stadtfestes einen Schlagring bei sich trug und im Juni mit Steinen die Fensterscheibe der Stadtbibliothek einschlug, gesteht er. Den Angriff mit dem Regenschirm am Supermarkt mag der arbeitslose Verkäufer allerdings nicht zugeben. Er starrt vor sich hin, verweigert zunächst die Aussage. Ihm würde „teils die Erinnerung fehlen“. Dann überlegt er es sich auf Nachfrage der Richterin anders, versucht das Geschehen Revue passieren zu lassen. Er schließt die Tat nicht aus. Anders als die Zeugen hält er das Ganze aber eher „für ein Versehen“. Er habe „mit dem Schirm herumgeschlenkert“.

Zum Oralsex aufgefordert

Den letzten Vorwurf gegen ihn streitet der Mann indes komplett ab. An der Heidenauer Kiesgrube soll er zwei 16-Jährige belästigt haben. Beide erkannten Maik H. später auf einem Foto wieder. Die Mädchen waren am 25. Mai 2014 an die Kiesgrube gegangen, wollten sich an einer ruhigen Stelle sonnen. Sie haben nur noch ihre Bikinis an. Da soll sich H. ihnen genähert und sie nach einer Zigarette gefragt haben. Der Mann trägt eine Sonnenbrille, bietet ihnen als Gegenleistung „Küsschen“ an. Sie lehnen ab. Kurze Zeit später kehrt er zurück. Diesmal ist er nackt, fummelt an seinem Glied herum und fordert sie zum Oralsex auf. Die Mädchen rennen davon. Er geht weg, zögert dann aber und folgt den beiden doch. Sie alarmieren die Polizei.

Vor Gericht sagen beide nicht aus. Eine ist weggezogen. Die Zweite lässt ausrichten, sie habe den Termin verschwitzt. Die Schuld des Angeklagten ließe sich so nur schwer nachweisen, heißt es vor Gericht. Diese Anklage wird damit angesichts der weiteren erwiesenen Straftaten eingestellt. Für die anderen Vorwürfe wird Maik H. zu einer Geldstrafe verurteilt. Der unter Betreuung stehende H. soll 1 800 Euro und die Prozesskosten zahlen. Die Staatsanwaltschaft hatte sieben Monate Haft auf Bewährung gefordert, stimmt dem Urteil jedoch ebenfalls zu. Dem Heidenauer, der in diesem Sommer eine Drogentherapie begonnen – und abgebrochen – hatte, legt das Gericht nahe, sich um einen Entzug zu kümmern. „Gegen seinen Willen kann man ihn nicht einfach so einweisen. Und die Erfolgsaussichten sind fraglich“, so die Richterin. Sie verweist auch auf die hohen Kosten.