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Jammern hilft ja nicht

Das Ende der Landesgartenschau liegt ein halbes Jahr zurück. Vieles ist schöner geworden, Kulturschloss und Naturerlebnisbad entstanden. Doch die Großenhainer Gastronomen haben es nicht leicht.

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Von Tilo Harder

Wenn das Geld knapp ist, sparen die Menschen zuerst an Dienstleistungen und am Genuss. Wirtsleute bieten ihren Gästen beides, deshalb trifft sie die Sparsamkeit doppelt. Angesichts der erschreckend hohen Arbeitslosigkeit, über 21 Prozent im Februar, verwundert es nicht, wenn die Großenhainer Lokale nur spärlich besucht sind. Die Gastronomen halten sich bedeckt. Keiner jammert. Das würde keinem helfen. Es will oder kann aber auch keiner sagen, die Flaute ginge an ihm vorüber.

Kurz vor der Landesgartenschau entstand der Schlosskeller im Kulturschloss. Während der Schau war er tagsüber geöffnet und wurde gut angenommen. Jetzt lädt der Keller ab 17 Uhr in seine Gewölbe. „Da wir nicht über langjährige Erfahrungen verfügen, kann ich nicht sagen, wie sehr sich die gestiegene Sparsamkeit auswirkt“, sagt Kulturzentrums-Geschäftsführer Jörg Rietdorf. Insgesamt sei er zufrieden. Gern werde der Raum für Feierlichkeiten von Großenhainern, aber auch von Gästen aus dem Raum Riesa und Elsterwerda genutzt.

Ebenfalls erst abends öffnet das Gasthaus „Zur Blauen Laterne“ am Neumarkt. „Deshalb konnten wir von der Gartenschau nicht profitieren“, sagt Inhaberin Anett Wallberg. „Die Besucher waren abends immer schon wieder weg.“ Aber sie könne auch nicht klagen. Natürlich gebe es schlechte Tage, vor allem am Wochenanfang. Seit zwölf Jahren betreibt sie mit ihrem Mann das Lokal. Die Talsohle glaubt sie bereits hinter sich gelassen zu haben. Bis tief in die Nacht finden Gäste bei ihr Platz und Bewirtung.

Auch über Mittag öffnet Peter Lichy seine Pizzeria „Mamma Mia“ auf der Schloßstraße. Die Besucher der Landesgartenschau sind dennoch nicht zu ihm essen gekommen. Der Besucherstrom wälzte sich in erster Linie über den Frauenmarkt hin zur Ausstellung. Und wer auf dem Rückweg anders und bei ihm vorbeiging war bereits gastronomisch versorgt. Zur derzeitigen Situation sagt er nur: „Pari, pari – nicht schlecht, nicht gut.“ Als zweites Standbein betreibt Lichy einen Lieferdienst, damit auch die Leute, die nicht zu ihm kommen, seine Pizzen genießen können.

Das Hochwasser wirkte sich auch hier aus

Ein gutes Geschäft während der Gartenschau machte der Ratskeller. „Unser großer Biergarten wurde gut frequentiert,“ resümiert Geschäftsführer Siegmar Riepert. Doch bereits nach der Hochwasserkatastrophe im vergangenen Sommer ging der Besuch zurück. „Es gab Stornierungen von Busreisen, besonders aus Thüringen und dem Erzgebirge.“ Das habe bis in die Weihnachtssaison angehalten. Jetzt nach der Gartenschau müsse Großenhain durch Events wie das „Erlebnisfest der Sinne“, immer wieder in Erscheinung treten. Kritische Töne äußert Riepert zur öffentlichen Förderung von sogenannten Veranstaltungshäusern, in denen Gäste zu Feierlichkeiten selbst besorgte Speisen und Getränke mitbrächten. „Das ist zu kurz gedacht. Wenn Gastronomen einbüßen, gehen auch den Kommunen Steuereinnahmen verloren.“

Gut besucht war vergangene Woche das Pizza-Bistro „Zum Schloss“ auf der Frauengasse. Allerdings gab es 40 Prozent Rabatt. Anlässlich des ersten Jahrestages der Eröffnung wollte sich Inhaber Attila Durgun damit bei seinen Gästen bedanken. „Ich merke deutlich, wenn die Leute am Monatsende knapp bei Kasse sind, aber sobald Geld da ist, kommen sie wieder.“ Er ist zufrieden. Mittags hat er seit dem Ende der Landesgartenschau nicht mehr geöffnet. „Das Tagesgeschäft absolviere ich im Imbiss ‚Schlemmerland‘.“

Der Whiskey in „Lippis Western Saloon“ gegenüber fließt auch erst am Abend. „Zur Gartenschau hatte ich Mittagstisch, jetzt lohnt das nicht mehr“, sagt Dieter Lippert. „Aber viele Besucher lernten mein Lokal damals kennen und kommen nun wieder.“ Auch er merke, dass das Geld nicht mehr so locker sitzt. Dann müsse man den Gästen erst recht Besonderes bieten, damit sie kämen. Sein Western Saloon besitzt das vielleicht außergewöhnlichste Ambiente der Großenhainer Gaststätten und wirkt so als Magnet weit ins Umland. Etwa die Hälfte seiner Gäste reist von außerhalb an.