Von Georg Moeritz
Tokio/Dresden. Schön warm: Wer in Japan mit dem Schnellzug Shinkansen fährt, findet in den Zugtoiletten beheizte Sitze vor. Schön hell: Wer abends auf die Hochhäuser, Brücken und Türme der Hauptstadt Tokio blickt, staunt über die Lichtspiele. Nach Energiesparen sieht das nicht aus, was Japan drei Jahre nach dem Tsunami-Unglück am Kernkraftwerk Fukushima zeigt. Doch nach dem Unglück wurden alle 48 Kernkraftwerke abgeschaltet und sind bis heute außer Betrieb.Sie lieferten aber 30 Prozent des Stroms. Neue Energiequellen sind also gesucht, wenn Japan nicht nur mit importiertem Flüssiggas und anderen teuren Energieträgern arbeiten möchte. Das ist eine Chance für den Dresdner Uwe Rosenkranz. Der lebt in Tokio und berichtet von einem „Riesenaufschwung“ der Solar-Energie in Japan.
Rosenkranz gehört mit seiner Firma R & L Solar Solutions zu den Beratern, die jetzt von der Energiewende profitieren. In den vergangenen Jahren hat er in Europa Solarparks geplant, berichtete er der Sächsischen Zeitung am Rande eines Empfangs von Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) in Tokio. Der Dresdner Rosenkranz ist kurz nach der Wiedervereinigung nach Japan ausgewandert und hat dort als Bosch-Manager im Service gearbeitet. Vor sieben Jahren machte er sich selbstständig und suchte Geschäfte in der Heimat. Doch als in Japan eine Einspeise-Vergütung nach deutschem Vorbild eingeführt wurde, kehrte er rasch in den Inselstaat zurück.
Erste Großanlage in Japan fertig
Damit Japan rasch aus Erneuerbaren Energiequellen schöpfen kann, führte die Regierung dort wie in Deutschland zunächst hohe Belohnungen für die Investoren ein: Sie bekommen 20 Jahre lang feste Preise für ihren Öko-Strom. Derzeit seien diese Tarife rund dreimal so hoch wie in Deutschland, sagt Peter Arnold, der ebenfalls für ein sächsisches Unternehmen in Japan arbeitet: als Verkaufsleiter für MSM Montageservice Meyer. Der Betrieb hat nach seinen Angaben gerade seine erste Großanlage in Japan fertiggestellt. Zwar hört sich die Leistung von maximal 2,3 Megawatt Solarstrom nicht gewaltig an – so viel schafft eine einzelne Windkraftanlage.
Doch um mit Fotovoltaik auf diese Leistung zu kommen, haben Arnolds Kollegen rund 10.000 Solarmodule aufgestellt. Zum Unternehmen gehören 30 Angestellte, ein japanischer Partner bringt 50 auf. Sie rammen beispielsweise die Pfosten ins Feld, während nach japanischer Gepflogenheit aufwendigere Betonfundamente gegossen würden. Auf diese Weise kommen die deutschen Firmen auch mit japanischen Geldgebern zusammen. Vor allem müssen sie mit gutem Service werben – darauf legen die Japaner wert, das wird das Geschäft der kommenden Jahre, urteilt Arnold.
30 japanische Investoren in Sachsen
Sächsische Unternehmer in Japan sind eine Seltenheit, umgekehrt haben rund 30 japanische Investoren laut Tillich bisher den Weg nach Sachsen gefunden. Die bekanntesten Beispiele sind Autozulieferer oder Elektronik-Spezialisten (siehe Tabelle). Doch Sachsens Wirtschaftsförderung rechnet damit, dass als Folge der Energiewende noch mehr Kollegen von Arnold und Rosenkranz die Chancen in Japan nutzen.
Für Windkraft sind die Inseln allerdings weniger geeignet. Bei den Winterstürmen müssten die Mühlen oft abgeschaltet werden. Außerdem ist nicht sicher, wie viel Öko-Energie Japan braucht. Premierminister Shinzo Abe möchte etwa ein Drittel der Atomkraftwerke rasch wieder hochfahren lassen. Die Mehrheit der Japaner hat laut Umfragen zwar Bedenken, aber als starke Widerständler sind sie nicht bekannt. Wer sich einmal an beheizte Sitze gewöhnt hat, dem fällt auch das Stromsparen schwer.