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Jeder 30. Einwohner wird Gemeinderat

In der kleinsten Gemeinde des Landkreises gibt es großes politisches Engagement – von den Volksparteien.

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Von Gunnar Klehm

Eine Großfamilie, die zusammenhält, hätte leichtes Spiel. Zur Kommunalwahl in Kurort Rathen könnten bei durchschnittlicher er Wahlbeteiligung von 60 Prozent knapp 20 Stimmen reichen, um in den Gemeinderat gewählt zu werden. Denn Rathen ist nicht nur die kleinste Gemeinde des Landkreises Sächsische Schweiz-Osterzgebirge, sondern auch Sachsens. Gut 350 Einwohner hat die Gemeinde. 308 davon sind am 25. Mai wahlberechtigt. Zehn Sitze im Gemeinderat sind zu vergeben. Das bedeutet demnach, dass etwa jeder 30. Wahlberechtigte ein Mandat erhält. Um das zu gewährleisten, braucht man eine engagierte Bürgerschaft.

Zwölf Kandidaten bewerben sich um die zehn Sitze. Die Wahrscheinlichkeit ist also für jeden Einzelnen groß, am 25. Mai gewählt zu werden. Nur die CDU und die SPD haben Kandidaten nominiert. Beide werden häufig als Volksparteien bezeichnet. In Kurort Rathen kann man das getrost unterschreiben. Das wird dann besonders deutlich, wenn man das politische Engagement über diese Kandidaturen definiert und mit größeren Kommunen vergleicht.

Jeder 25. Einwohner kandidiert, jeder 30. wird sogar gewählt. Auf Bad Schandau hochgerechnet hieße das: 156 Einwohner treten zur Wahl des Stadtrats an, der aus 130 Mitgliedern besteht. Für Pirna mit seinen rund 38 000 Einwohnern wäre der Vergleich noch extremer. 1 520 Pirnaer würden für die Stadtratswahl antreten, wenn das politische Engagement so groß wäre, wie es in Kurort Rathen der Fall ist. Eine beeindruckende Zahl.

Die kleinste Gemeinde Sachsens hat sich jedoch für den größtmöglichen Gemeinderat entschieden. Zwar legt die Gemeindeordnung fest, dass bei Kommunen mit bis zu 500 Einwohnern der Gemeinderat aus acht Mitgliedern besteht. Doch gibt es die Möglichkeit, dass Gemeinden auf die nächsthöhere Zahl wechseln können, wenn sie das in der Hauptsatzung selbst so festlegen.

Das hat der Gemeinderat von Kurort Rathen getan. Deshalb werden statt acht nun zehn Ratsmitglieder gewählt. Bei dem beschriebenen Engagement ist das nachvollziehbar.

Das war zur letzten Wahl vor fünf Jahren allerdings noch größer. Da traten sogar 20 Kandidaten auf drei verschiedenen Listen an. Die Wählervereinigung Rahoga ist diesmal nicht mehr dabei. Für die Gruppierung saß zuletzt Carsten Bunk im Gemeinderat. Der Olympiasieger im Rudern von 1980 tritt aber nicht mehr an. Die Wählervereinigung hatte übrigens einen Anteil daran, dass im jetzigen Gemeinderat zwei SPD-Vertreter sitzen. Weil auf der Kandidatenliste von Rahoga zur Wahl im Juni 2009 eine Unterschrift fehlte, musste noch einmal gewählt werden. Die SPD gewann ein Mandat dazu, die CDU verlor eines.

Mindestens das wollen die Christdemokraten jedoch zurückgewinnen, die derzeit mit sieben Abgeordneten den Gemeinderat von Kurort Rathen dominieren. Alle sieben treten auch wieder an, genauso die beiden SPD-Gemeinderäte.

Der Tourismus ist das wichtigste Standbein des Kurortes. Die Kurortentwicklungsgesellschaft Rathen ist eine hundertprozentige Tochter der Gemeinde, die unter anderem die Fähre und die Parkflächen bewirtschaftet. Rathen gehört zu einer Verwaltungsgemeinschaft mit Königstein, Gohrisch und Rosenthal-Bielatal. Kurort Rathen ist zwar die kleinste Gemeinde Sachsens, deutschlandweit gibt es aber noch zahlreiche kleinere. Die Gemeinde Gröde in Nordfriesland ist die allerkleinste, sie hat lediglich elf Einwohner.