Von Silke Schoepe
Dekan Michael Dittrich, Pfarrer der Katholischen Gemeinde Zittau, machte die über 60 Zuhörer am Sonntagnachmittag im Gemeindezentrum „Alte Schule“ neugierig: „Wir werden einem Geheimnis näher kommen.“ Zu viel hatte er nicht versprochen. Denn Jeannette Gosteli hatte viel zu erzählen. Nach ihrem bildreichen Vortrag fragten noch ein Dutzend Interessierte in kleiner Runde weiter, was offen geblieben war: medizinische Versorgung, Waschmöglichkeiten, Blasen an den Füßen. All das war kaum Thema ihrer Erzählungen. Schließlich ärgerte die junge Frau auf dem über 3000 Kilometer langem Pilgerweg nur einmal eine Blase.
Jeannette Gosteli, die sich seit Juli ein Jahr aus der Arbeitswelt des Modellprojektes „Umgebindeland“ zurückgezogen hat, sah jetzt deutlich frischer als noch zu Beginn ihrer Pilgerfahrt aus. „Den Impuls gab meine ehrenamtliche Arbeit bei der Ausschilderung des Jakobsweges von Görlitz nach Prag. Als ich im letzten Jahr diese Strecke lief und schließlich auf dem Hradschin stand und in die Ferne blickte, war mir klar, dass ich diesen Weg bis zu Ende gehen wollte“, sagte sie.
Deshalb setzte sie am 7. Juli dieses Jahres auch in Prag an. Von dort aus ging es durch den Böhmerwald, durch Bayern, durch die Schweiz bis hin nach Frankreich, über die Pyrenäen nach Spanien nach Santiago de Compostela und schließlich ans Kap Finisterre, das Ende der Welt. „Hin und weg“ sei sie über den Anblick des Atlantik gewesen und erlebte dort auch einen Sonnenuntergang, den jeder Pilger abwarten soll. Spätestens an dieser Stelle wurde ihr bewusst: Alles ist gut gegangen. „Ich habe spüren können, dass Gott mich liebt und führt“, sagte sie und ermutigte gleichsam, diesen Weg zu gehen. Nur deshalb habe sie sich auch dazu durchgerungen, den Vortrag über ihren ganz persönlichen Weg zu halten. „Wenn nur einer angesprochen wird, dann hat es genutzt.“ Für sie sei der Jakobsweg jetzt allerdings „gegangen“.
Wertvolle Erfahrungen
Am meisten schätzt sie die Erfahrung, sich auf Gott verlassen zu können. Auch in schwierigen Situationen. Denn Übernachtungen beispielsweise hatte sie nie vorbestellt. Nur selten sei sie mit anderen gepilgert, habe das Alleinsein gesucht. „Pilger gehen alle den selben Weg und doch geht jeder einen anderen.“ Und Pfarrer Dittrich sagte: „Jeder ist Pilger auf seinem Weg.“ Bis zum Ablauf ihrer Auszeit wird Jeannette Gosteli in einem bayrischen Kloster leben und studieren.