Von Brigitte Pfüller
Sie lernen brav in der Schule, sie malen Eier an oder sie sitzen gemütlich im Schaukelstuhl und stricken. Doch wenn sie auf die Reise zu den Kunden gehen, dann ist eines bei allen Osterhasen aus Gahlenz gleich: Das Knickohr wird besonders sorgfältig eingepackt. Die für den Versand zuständige Mitarbeiterin Maria Oehme wickelt eine dicke Lage Papier darum. „Ob Hasenfrau oder -mann, ob links oder rechts, ein Ohr ist immer geknickt. Das ist seit 1995 unser Markenzeichen“, sagt sie.
150 verschiedene Typen
In diesem Jahr werden 16 große Knickohr-Hasen das erste Mal zu Ostern auf dem Leipziger Hauptbahnhof stehen. Andere Gahlenzer Hasen – es gibt rund 150 unterschiedliche Typen in den verschiedensten Größen – sind in ganz Deutschland unterwegs. In den Vorjahren reisten einige bis nach Japan. Trotzdem wäre jetzt beinahe das „Aus“ für ihre Geburtsstätte, für die Erzgebirgische Holzkunst Gahlenz GmbH RuT, gekommen.
„Uns stand das Wasser bis zum Hals, da die bisherige Hausbank trotz guter Auftragslage keinen Kredit mehr geben wollte“, erzählen die beiden Inhaber Gundolf Berger und Jochen Schumann. Zum Glück sei auf den letzten Drücker die Volksbank Olbernhau eingesprungen.
Die Schulfreunde waren zu DDR-Zeiten beide im VEB Raum- und Tafelschmuck (RuT) tätig. Nach der Wende kauften sie den Betrieb, gründeten die seit 100 Jahren existierende Traditionsfirma wieder neu und investierten kräftig. Das RuT behielten sie im Namen. Anfangs beschäftigten sie 50 Leute, in guten Jahren sogar 70. Doch inzwischen sind die Zeiten schwerer geworden, denn auch in der Holzkunst-Branche wirkt die Krise und die Banken halten sich bei kleinen und mittleren Unternehmen extrem zurück.
„Den Kredit brauchten wir aber dringend“, erläutert Berger. Denn das Unternehmen muss Holz im Wert von rund 250000 Euro einlagern, das ein bis zwei Jahre trocknet, bevor es in die Produktion geht. Sonst besteht Gefahr, dass Hasen, Weihnachtsmänner, Leuchter, Engel und Bergleute Risse bekommen. Zugleich hat die Firma auch eine umfangreiche aktuelle Produktion vorzufinanzieren.
„Jede Figur braucht zur Herstellung acht Wochen. Die Händler lagern aber nicht mehr ein. Sie bestellen erst kurz vor dem Fest.“
Zu Weihnachten geht das Geschäft länger, Ostern hängt es stärker vom Wetter ab. Deshalb holen sich die Kunsthandwerker zunehmend zeitlose Figuren ins Sortiment. „Das versucht die gesamte Branche“, erzählt Gundolf Berger, der auch stellvertretender Vorsitzender des Verbandes Erzgebirgischer Kunsthandwerker und Spielzeugmacher ist. „Während sich viele Betriebe früher spezialisierten, haben heute fast alle das gesamte Sortiment vom Schwibbogen über Weihnachtsmann und Osterhasen bis zu neuen Figuren im Angebot.“ So produzieren die Gahlenzer gemeinsam mit der Designerin Sylvia Sternkopf seit letztem Jahr die schlanken Sternkopf-Engel. Bei ihnen kann man die Flügel entfernen und sie das ganz Jahr aufstellen.
Noch stolzer sind die beiden aber darauf, dass ihre Firma der größte Spezialfertiger von Großfiguren und Pyramiden weltweit ist. So schmücken ihre riesigen Weihnachtspyramiden jedes Jahr unter anderem den Striezelmarkt in Dresden sowie die Weihnachtsmärkte in Erfurt und Berlin.
Tag der offenen Tür
Am 28. und 29. März 2009 lädt die Werkstatt der Erzgebirgischen Holzkunst Gahlenz von 10 bis 17 zum Tag der offenen Tür ein. Von 13 bis 16 Uhr findet ein Werksverkauf statt. Gahlenz ist ein Ortsteil Oederans und liegt im westlichen Teil des Landkreises Mittelsachsen.
www.gahlenz.de