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Jetzt wird geklotzt

Das Klavier im provisorischen Proberaum kämpft vergeblich: Im Bauch des Gebäudes rattert, bohrt und klopft es unentwegt. Keine Chance für Saitenmelodien, in der Semperoper geben jetzt die Werkzeuge den Ton an.

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Von Thomas Feig

Das Klavier im provisorischen Proberaum kämpft vergeblich: Im Bauch des Gebäudes rattert, bohrt und klopft es unentwegt. Keine Chance für Saitenmelodien, in der Semperoper geben jetzt die Werkzeuge den Ton an. Aus den Tiefen des Kellers rattern Bohrhämmer heran, Trennschleifer kreischen, Schweißbrenner zischen, Handwerkerstimmen schwirren durch die Luft.

Die Oper wurde von der Elbeflut schwer erwischt: 90 Prozent der Steuerungstechnik, über 80 Prozent der Elektroinstallation, 70 Prozent der Bühnentechnik und die Hälfte der Heizungs- und Lüftungsanlagen legte das Wasser lahm. Nach dem improvisierten Spielbetrieb muss jetzt die teilweise schon neu installierte Technik verbunden, verkabelt, isoliert und justiert werden.

Handwerker wühlen sich durch die Technik

34 Handwerkerfirmen sind deshalb zurzeit mit rund 200 Arbeitern in den Untergeschossen der Spielstätte tätig. Sie wühlen sich im ganzen Haus durch die technischen Eingeweide. In allen Gängen quellen Kabel aus dem Boden, der Wand oder baumeln von der Decke. Beißender Silikongeruch hängt in der Luft. Auf der Bühne stehen Kabeltrommeln, wie man sie sonst eigentlich nur an Straßenrändern sieht. Rund 70 Kilometer Elektrokabel werden allein für die Bühnentechnik neu verlegt. Manfred Noack und Lars Grüner aus Weißwasser installieren hier daumendicke Kabel für die Oberzüge. An ihnen können die Scheinwerfer bis in 22 Meter Höhe gezogen werden. Je höher der Anschluss, sagt Elektriker Noack, desto dicker müssen die Zuleitungen sein. Die beiden sind aber froh, wenn sie nicht nach oben müssen, denn dort ist es fast doppelt so warm wie auf dem Bühnenboden. Diese Temperaturen können es jedoch mit dem Keller nicht aufnehmen: Dort sorgen Schweißflammen und jede Menge heißer Rohre für ein tropisches Klima. Auf engstem Raum werden hier Heizung und Lüftung neu verlegt. Danach müssen sämtliche Rohre ummantelt werden, parallel ist die gesamte Steuerung einzubauen.

Zeitplan bis zur Eröffnung am 13. Februar ist knapp

Unter der Bühne wird ebenfalls emsig gearbeitet. Jedes der sechzehn Podeste von vier mal vier Meter Größe kann einzeln bewegt werden. Udo Lebe zieht hier die Kabel für die Steuerung und schließt die Schaltschränke an. Für den Zschopauer ist die Semperoper eine „Baustelle wie jede andere mit dem Vorteil, dass es warm ist.“ Nach kurzem Überlegen ergänzt er: „Aber es ist schon etwas Erhabenes, einmal hinter die Kulissen der berühmten Oper zu schauen.“ Lüftungsbauer Reiner Reitz meint rundheraus, „wer sagt, er mache das hier alltäglich, der lügt.“ Allein der enge Zeitplan zwingt zu höchster logistischer Präzision und einem reibungslosen Ineinandergreifen der Gewerke. Neun bis zehn Stunden täglich und oft auch den Sonnabend verbringen die Handwerker aus Röderau-Bobersen deshalb auf der Baustelle Semperoper. Truppchef Reitz ist sich dennoch sicher, dass die Arbeiten bis zur letzten Minute der Schließzeit dauern werden.

Mit einem Gedächtniskonzert soll das Haus am 13. Februar wieder eröffnet werden. Volker Butzmann, technischer Direktor der Oper, hat bis jetzt keine Zweifel daran, dass dieser Termin auch zu schaffen ist. Nur der Gastronomiebereich wird noch länger gesperrt bleiben.

Hier brach vergangene Woche erneut Wasser in den Keller ein. Michael Frank von einer Schwarzheider Umweltfirma kämpft dort schon seit August gegen den Fluss. Ohne die Pumpe, sagt Frank, stünde das Wasser in einer halben Stunde wieder zehn Zentimeter hoch. Zum Glück war die gerade frisch installierte Lüftungstechnik jedoch nicht in Gefahr. Direktor Butzmann verbrachte selbst einige Nächte vor Ort, um im Notfall schnell reagieren zu können. Auch wenn sich die Lage dank des Frostes langsam entspannt, eines ist sicher: Die Wasserstandsmeldungen wird er wohl nie mehr nur mit einem halben Ohr verfolgen.