Wieso Taube, werden Sie fragen. War Jona nicht der, der im Bauch des Fisches war? Richtig, aber der Name Jona bedeutet Taube. Im Deckengewölbe der Marienkirche gibt es eindrückliche Gemälde dieser Begebenheit und auch am Markt findet man ein Relief zu dieser Geschichte.
Das Jonabuch nimmt unter den Prophetenschriften eine Sonderstellung ein: Es besteht nicht aus einer Sammlung von Prophetenworten, sondern erzählt ein bemerkenswertes Ereignis aus dem Leben eines Propheten. Jona bekommt den Auftrag, der Stadt Ninive, die für Israel den Inbegriff der Bosheit und Gottesferne darstellt, das Strafgericht anzusagen. Er entzieht sich zunächst diesem Auftrag durch Flucht übers Meer, aber nicht etwa aus Angst vor den Leuten von Ninive, sondern –wie sich am Ende herausstellt – weil er ihnen die Chance der Umkehr und Rettung nicht gönnt. Durch das, was er erlebt, soll Jona lernen, dass die Güte Gottes nicht auf Israel beschränkt ist, sondern allen gilt, die sich ihm reumütig zuwenden. Diese Botschaft war im 5./4.Jahrhundert vor Christus besonders aktuell. Damals schloss sich die jüdische Gemeinde auf Grund des Wirkens von Esra und Nehemia zunehmend von anderen Völkern ab, während gleichzeitig Fremde sich dem Glauben Israels zuwandten. Vielleicht ist die Geschichte damals aufgeschrieben worden, um zu bezeugen: Gott will alle Menschen retten, und sein Volk Israel („Jona“) ist dazu berufen, diese Einladung an alle auszurichten.
Christa Keller