Von János Joó
Fein, Dicker!“, ruft das Mädchen dem Pferd zu und strahlt dabei über das ganze Gesicht. Gerade ist sie mit ihm im Slalom um bunte Stangen galoppiert und war dabei ganze zehn Sekunden schneller als am Vortag. Pol Bending nennt sich das und ist Anja Lochs Lieblingsdisziplin beim nunmehr 20. Rodeo im Western Village. Ein Hufschmied gab der erst zwölf Jahre alten Reiterin aus Schmölln den Tipp, bei der Sebnitzer Veranstaltung mitzumachen. Und nachdem sie schon paarmal mit ihrer Familie als Zuschauerin bei solchen Wettkämpfen dabei war, hat sie fleißig trainiert und sich diesmal auch angemeldet.
Von den 54 Reitern – beim ersten Rodeo waren es noch acht – ist sie die jüngste Teilnehmerin und sitzt auch auf dem kleinsten Pferd. Eick, ihr deutsches Reitpony hat damit keine Probleme, die Pferdekekse mit Knoblauchgeschmack in Anjas Hosentasche sind da viel interessanter und dann wäre auch noch Pferdekumpel Whisky. „Er klebt richtig an ihm dran, seit sie sich gestern angefreundet haben“, erzählt das Mädchen.
Nicht nur zwischen den Pferden werden Kontakte geknüpft, auch die Reiter und zahlreiche Zuschauer sind vom ganzen Drumherum mehr als angetan. Und zwar auch aus dem Nachbarland Tschechien. Dort pflegt man nicht nur enge Kontakte zum Westerndorf, sondern auch einige der besten Reiter kommen aus dem Nachbarland. Lucky Ranch, Ranch Saloon oder Black Sun – schon die Namen der dortigen Pferdehöfe zeugen von der großen Leidenschaft für das Westernreiten.
Von letzterer Ranch kommt Betty Pilska. Sie ist 18 Jahre alt und schwer von Sebnitz begeistert. „Ganz toll, super, prima Atmosphäre und erst die Leute hier!“, schwärmt sie in perfektem Deutsch. Mindestens den 20. Platz zu erreichen, das hat sie sich fest vorgenommen. Wenn ihre Stute Nigaja mitspielt, könnte das klappen, steht sie doch zwischenzeitlich bereits auf Platz 17.
Ein echtes Prachtstück
Über dem Platz vor dem Corral, der eigentlichen Arena, wo sie sich schon mal warm reitet, weht stolz das neue Banner des Vereins am Mast. „Ein echtes Prachtstück“, sagt Vereinschef Norbert John und freut sich über das Geschenk von Vereinsfreundin Schakira. Das ist in diesem Fall der Künstlername von Bauchtänzerin und Westerntänzerin Elisabeth Wolf aus Dresden, die als hauptberufliche Theatermalerin hier ihr Können gezeigt hat. „Ich fühle mich unter den Leuten hier echt wohl“, sagt sie. „Sie nehmen alles locker, jung und alt gehen hier aus und ein und jeder wird akzeptiert.“ Während manche sich um die Pferde oder Bauarbeiten kümmern, entspannen andere im Saloon und sie trainiert halt das Tanzen. Zum Jubiläum hat sie mit viel Liebe und Können aus zehn Metern Stoff ein Banner gestaltet: Zwei Reiter, die in den Sonnenuntergang reiten und ein Doppelhorn – das Erkennungszeichen des Vereins.
Doch auch ohne Banner hat Dokumentarfotograf und Vereins-Ehrenmitglied David Trattles bereits vor Jahren durch Zufall den Weg ins Western Village gefunden. Ständig auf Achse, aber eigentlich im kanadischen Ottawa zu Hause, war er überrascht, hier so eine eingeschworene Gemeinschaft von Westernreitern mit einer ganz eigenen Philosophie zu finden. Weil die Inspiration hier aus Büchern und Filmen entstanden ist, vermutet er. „Das Rodeo hier ist besser als in Kanada“, sagt er, während er mit tschechischen Reitern die E-Mail-Adressen tauscht. „In Kanada macht man es wegen des Geldes, hier weil es ihnen Freude macht!“
www.westernvillage.de
Internetseite von Fotograf David Trattles mit einer Galerie Sebnitzer Bilder:
www.davidtrattles.com