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Jugendtreff in der Kornmarktpassage?

Junge Bautzener wollen einen eigenen Club. Am liebsten noch in diesem Winter.

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© Uwe Soeder

Von Madeleine Arndt

Bautzen. Sie wissen nicht wohin. In der Spreestadt gibt es wenig Platz zum Fußballspielen, Radfahren oder Skaten und es mangelt an Treffpunkten. Ein Anliegen ist Bautzens Jugendlichen besonders wichtig, weshalb sich fünf Vertreter der Jugendideenkonferenz am Mittwoch auf den Weg ins Rathaus gemacht haben, um persönlich diesen großen Wunsch darzulegen – die Eröffnung eines selbstverwalteten Jugendclubs.

„Wir würden gern einen Jugendclub zum Leben erwecken, ihn selbst verwalten und selbst finanzieren“, erklärt Josef Moser den anwesenden Mitarbeitern der Stadtverwaltung sowie Vertretern des Stadtrates. Der 18-Jährige und seine Begleiter sind dabei von der Hoffnung getragen, dass die Verwaltung hier Unterstützung anbieten könnte, zum Beispiel eine Immobilie zur Verfügung stellt. Schützenhilfe erhalten sie von der Linke-Stadträtin Angela Palm. „Es gibt viele leere Geschäfte in der Stadt.“ Vielleicht könne man mit Hilfe des Innenstadtvereins einen Laden mieten, erwägt Palm. Ilka Heilmann von der Abteilung Bildung und Sport bremst solche Überlegungen: „Wir möchten keine falschen Hoffnungen wecken“, sagt die Abteilungsleiterin. Aber auch bei einem selbstverwalteten Jugendclub seien bau- und hygienerechtliche Sachen einzuhalten. Auch sei bei einem Treffpunkt, in dem sich Minderjährige aufhalten, eine Aufsichtspflicht gegeben. „So etwas muss man wirklich durchdenken“, betont Heilmann.

Wie man denn den Club selbst finanzieren wolle, war eine Frage, die die Stadträte interessierte. Darüber hatten sich die Jungen und Mädchen der Jugendideenkonferenz bereits ausgetauscht. Es soll über Förderprojekte und Sponsoren Geld herangeholt werden, lautet die Antwort. Den Club möchte man am liebsten noch in diesem Winter verwirklichen, so das ehrgeizige Ziel. Gerade in der kalten Jahreszeit sei dieser Rückzugsort besonders wichtig, findet Anna-Maria Rost. Ein Ort zum Treffen, zum Quatschen, wo man einfach unter sich sein kann – so ein Ort fehle in Bautzen, meint die 18-Jährige.

20 mögliche Objekte im Blick

Dagegen steht eine Verwaltung, die alles andere als ad hoc agiert. „Die Haushaltsplanung für 2017 ist abgeschlossen“, erklärt Finanzbürgermeister Robert Böhmer (parteilos). Es sei schwierig, an jemanden Fördermittel auszugeben, hinter dem keine Institution steht, fügt Thomas Groß vom Bildungs- und Sozialamt hinzu. Sein Vorschlag: Die Jugendlichen erstellen 2017 ein Projekt und bewerben sich damit um Gelder aus dem städtischen Haushalt 2018. „Das wäre der Weg“, sagt Groß.

So viel Zeit wollen die Schüler aber nicht verstreichen lassen. „Wir versuchen, es frei von der Stadt zu machen“, erklärt Anna-Maria Rost im Nachgang. „Wir sind schon recht weit im Detail“, sagt Manja Gruhn. „Wir müssen nur gucken, wie wir den Treffpunkt gestalten.“ Zum Beispiel damit es keinen Ärger mit den Anwohnern gibt. Die Sozialarbeiterin Manja Gruhn aus dem Steinhaus greift gemeinsam mit ihrem Kollegen Marcus Rößner, der das Projekt „Engagierte Stadt“ leitet, den Jugendlichen unter die Arme. Auch sie möchte keine Lösung, die „ewig dauert“.

20 möglicherweise als Club geeignete Immobilien haben die jungen Bautzener auf eine Liste gesetzt. Alle liegen zentral, befinden sich also weder im Allendeviertel noch in Gesundbrunnen. Ein Grund dafür ist die Erreichbarkeit, die durch den Busbahnhof am August-Bebel-Platz für einen Innenstadttreffpunkt günstig wäre.

Im nächsten Schritt wollen die Jugendlichen direkt die notierten Orte sichten und mit den Eigentümern Kontakt aufnehmen. „Die Kornmarkpassage wäre eine gute Location“, findet der 18-jährige Alex Weber. Das 1996 eröffnete, sternförmig angelegte Handelshaus befindet sich deshalb auch auf der Liste. Die Ladenzeilen im Erdgeschoss der Passage stehen bis auf wenige Ausnahmen seit Jahren leer.

Fünf Schwerpunkte

Für einen besseren Draht zu den Sorgen und Bedürfnissen der Bautzener Jugendlichen wurde von der Stadt in diesem Jahr die Jugendideenkonferenz angeschoben. Zweimal haben sich unter ihrem Dach viele Jungen und Mädchen getroffen und über aktuelle Themen diskutiert, die ihnen auf den Nägeln brennen. Inzwischen begegnet man sich wöchentlich in Arbeitsgruppen, um die eigenen Ziele weiter voranzutreiben. Dabei haben sich fünf große Schwerpunkte herauskristallisiert: Die wenig ansprechenden Grünanlagen in der Stadt, das Problem fehlender Jugendclubs, die zunehmende Radikalisierung sowie rechte Gewalt, der Lehrermangel samt teils ungenügender Ausstattung in den Schulen und wenige sowie einseitige Sportangebote für Jugendliche in Bautzen.

Zu diesen großen Themengebieten suchen die Jungen und Mädchen jetzt Paten aus den Reihen des Stadtrates. Diese Erwachsenen könnten in Zukunft ihr persönlicher Draht in das komplizierte Gefüge kommunaler Entscheidungen werden.