Von Monika Dänhardt
Durchs Treppenhaus des Mehrzweckbaus auf dem Grünen Weg in Obergohlis schallen Schlagzeugtöne. Oben im zweiten Stock öffnet lachend eine junge Frau, Annina Hohmuth, und sagt: „Unsere Musikbegleitung haben wir täglich. Wir sind eben nicht die einzigen Lebenskünstler in diesem Haus.“ Sie bittet herein. Im Hintergrund wartet schon Kristina Rothe, ihre Ateliermitmieterin. Beide sind dabei echte Künstlerinnen. Die Lebenskunst bezieht sich eher darauf, wie Freiberufler überlebt.
Annina Hohmuth, deren Wiege in Zschopau stand, filzt, die gebürtige Großenhainerin Kristian Rothe „beleuchtet“, das heißt, sie stellt Leuchtkörper her. Die beiden jungen Frauen, Annina ist 26, Kristina 28 Jahre, haben Design an der Hochschule Zwickau, Fachbereich Angewandte Kunst, in Schneeberg studiert. Dort haben sie sich auch kennengelernt und angefreundet. Annina hat nach Abschluss des Studiums das Filzen für sich entdeckt: „Aus Filz wurden Kleider wahrscheinlich schon in der Steinzeit hergestellt. Bis heute werden Filzstoffe in der Mode verwendet.“ Schon als kleines Mädchen habe sie genäht – für ihre Puppen, für sich, für Freunde. Und in ihrer Wohnung in Stetzsch hängt im Flur ein Stoffbild mit Katze: „Das habe ich mal meiner Oma geschenkt.en.“
Im Atelier hängen auf einem Ständer Kleider, Jacken, Taschen, Schals. Auf einem großen Tisch liegt in Bordeaux selbst gefärbte Schafwolle ausgebreitet. Annina Hohmuth lässt ein paar Fasern durch die Hand gleiten: „Das ist Merina-Wolle von Schafen aus Australien. Sie ist ganz weich.“ Filzen bedeutet, dass sich die Fasern so ungeordnet durchdringen, dass sie nur schwer zu trennen sind. „An meiner Kleidung gibt es keine Nähte“, erklärt die junge Designerin und fährt über einen leichten Sommerrock, bei dem Stoff und Filzteil nahtlos ineinander übergehen.
Von der Neustadt nach Gohlis
Die Kleider auf der Stange werden von einer rötlichen Lampe angestrahlt. Diese hat Freundin Kristina hergestellt: „Filzen ist nicht so mein Ding. Ich arbeite lieber mit Papier und Draht.“
Nach Dresden zog es beide nach dem Studium. Die Stadt hätte etwas Anregendes, aber irgendwie auch Gemütliches, und die Natur sei nahe. Sie mieteten zunächst ein winziges Atelier in der Neustadt. Doch das war nicht nur eng, sondern auch teuer. „Da haben wir uns den Dresdner Westen entdeckt“, sagt Annina. Heute arbeiten Annina und Kristina in einem großzügigen in Obergohlis, welches gar nicht teuer sei. Das gelte auch für die Wohnungen, die sich beide in der Nähe suchten. „Auf die Dauer war es uns in der Neustadt außerdem zu laut“, erklärt Annina. Und Kristina ergänzt: „Ðiese Gegend strahlt mehr Ruhe aus. Und wenn wir in die Stadt wollen, gibt es den Bus.“
Im Atelierraum von Kristina Rothe stehen und liegen weiße Gebilde. Die Designerin nimmt eine in die Hand, hängt eine Glühlampe ein, knipst sie an – und schon verwandelt sich das Gebilde in eine originelle, dezent farbige Lampe. „Ich mag das Überraschende“, sagt sie. Im Moment sind es Häuser und Schlösser, die ihr für die Gestaltung Anregung geben. Doch es können auch ganz andere Dinge sein. Beispielsweise Rohre.
Kunden in Österreich
Ihre Lampen finden Abnehmer. Zumindest in den alten Bundesländern wie Bayern und in Österreich. „Ich bin dort auf Messen vertreten und verkaufe auch über Geschäfte.“ Annina Hohmuth geht es ähnlich. „Jedes Kleid, jeder Rock, jede Tasche ist ein Unikat und hat viel Arbeit bereitet“, sagt sie. „Das hat seinen Preis.“
Entsprechend wenig Kunden finden sich in der unmittelbaren Umgebung, wo nicht die Gutbetuchten leben. „Hier muss man sich schon andere Standbeine aufbauen“, sagt die Modedesignerin. Auf dem Schreibtisch liegt ein Buch „Filzen mit Kindern“. Annina Hohmuth hat begonnen, Filz-Kurse zu geben. „In der Cossebauder Mittelschule arbeite ich mit Schülern. Es ist nicht immer einfach, sie bei Laune zu halten. Doch da wir kleine Dinge, wie Schmuck und Handy-Taschen filzen, stellt sich schnell Erfolg ein. Das bringt den Spaß.“
Für beide Designerinnen bleibt aber die Präsentation auf Messen wichtig, vor allem, um neune Kunden zu finden. In diesem Jahr sind Annina Hohmuth und Kristina Rothe erstmals bei der Messe „room + style“ dabei, die vom 6. bis 8. Januar in der Messe Dresden stattfindet. „Mein Vati hat uns einen unkonventionellen Ständer aus Rohren gebaut“, sagt Annina Hohmuth. „Er ist auch Designer. Allerdings arbeitet er mit anderem Material.“