Von Dieter Hanke
Am Bug schäumt die Gischt. Fast einen Meter hoch bäumt sich vorn das Schlauchboot auf. Wasser spritzt. Mit 35 km/h saust das rote Gefährt am Sonnabendnachmittag von Gauernitz zur Elbbrücke in Niederwartha. Es ist die Jungfernfahrt. Knapp zehn Minuten dauert sie. „Wir sind begeistert. Unsere Feuerwehr kann jetzt schnell helfen, wenn auf der Elbe Menschen in Gefahr sind oder es Havarien bei Schiffen gibt“, sagt Peter Sommer. Der 58-jährige Leiter der Gauernitzer Wehr kennt die Daten des neuen Schlauchbootes schon aus dem Effeff: 4,20 Meter lang, zwei Meter breit, 30-PS-Außenbordmotor, für sieben Personen zugelassen, Ladung bis 1 000 Kilogramm Gesamtgewicht. Und fünf Luftkammern hat das Boot aus PVC, die ein Sinken vereiteln, wenn es mal Schrammen durch Hindernisse geben sollte.
An der Gauernitzer Fährstelle haben sich schon Feuerwehrleute mit ihren Fotoapparaten in Position gebracht. Ein großer Tag für die Wehr. Vorbei sind die Zeiten, als sie mit Paddeln das alte Schlauchboot bei Hochwasser auf der Elbe fortbewegten, um aus dem Fischerdorf Menschen aus ihren vom Wasser eingeschlossenen Häusern zu evakuieren. „Das war lebensgefährlich, die Strömung war reißend“, sagt Peter Sommer. Jetzt seien die Kameraden mit dieser neuen Technik dafür gut gerüstet.
Auch Landrat Arndt Steinbach und Bürgermeister Gerold Mann, die bei dieser Jungfernfahrt des Bootes mit dabei sind, freuen sich, dass die Gauernitzer Wehr jetzt für diesen Elbabschnitt ein modernes Boot zur Verfügung hat. „Es wird mal wieder ein Hochwasser kommen. Wir müssen darauf vorbereitet sein“, sagt der Landrat.
Nur die Sektflasche fehlt für eine Bootstaufe. Doch die Gauernitzer Feuerwehrleute haben schon den Namen für die neue Errungenschaft vergeben. „Wilde Sau“ heißt das Boot. Peter Sommer: „Das ist auf den gleichnamigen Bach in Gauernitz gemünzt, der bei Hochwasser schon viele Schäden verursacht hat.“ Erst vor wenigen Wochen war beim Unwetter auch das alte Gerätehaus der Wehr überschwemmt worden. „Unser neues Boot ,Wilde Sau‘ soll dagegen nur Gutes bringen“, bemerkt er.
An die 12 000 Euro kostet das neue Schlauchboot mit Anhänger. Freistaat und Landkreis Meißen haben es mit erheblichen Fördermitteln möglich gemacht, dass die Gauernitzer Wehr nun besser ausgestattet ist. „Beim Hochwasser im Vorjahr fuhren Schwimmpanzer auf der B 6, wo das Wasser bis zu einem Meter hoch stand. So ein modernes Schlauchboot hätte uns schon damals gute Dienste geleistet. Es ist deshalb keine Spielerei, sondern notwendig, dass eine solche Technik angeschafft wird“, sagt Bürgermeister Gerold Mann.
Momentan besitzt nur Wehrleiter Peter Sommer einen Bootsführerschein. Doch drei Kameraden erwerben jetzt in der Jachtschule in Meißen diese Berechtigung. „Nächstes Jahr werden weitere Mitglieder diese Ausbildung machen“, so Sommer.
Die Jungfernfahrt der „Wilden Sau“ auf dem Wasser ist dann zwar an diesem Sonnabend vorbei. Doch auf dem Lande noch nicht. Denn auf dem Anhänger rollt das Gefährt nach Röhrsdorf. Dort beim Feuerwehrfest ist es dicht umlagert. Peter Sommer hat den Besuchern vieles zu erzählen.
Extra Girlande angefertigt
Doch als Technik-Star muss das neue Boot an diesem Tag den Ruf mit anderen Feuerwehrfahrzeugen teilen. Denn auch für die Röhrsdorfer und Soraer Kameraden geht ein Wunsch in Erfüllung. Wehrleiter René Drescher und seine Mannen in Röhrsdorf stellen den Bürgern das neue Tanklöschfahrzeug der Gemeindefeuerwehr vor.
„Ich bin schon mal mitgefahren. Eine tolle Sache. Das ist auch gleich ein schöner Einstand“, sagt Natalie Kellner. Die 16-Jährige, die das Geschwister-Scholl-Gymnasium in Nossen besucht, wechselte jetzt von der Jugendfeuerwehr in Röhrsdorf zu den erwachsenen Kameraden. Vorbei sind hier die Zeiten, als die Röhrsdorfer noch bibberten, ob die Zündung des altersschwachen LO bei Einsätzen funktionierte. Jetzt steht in ihrem Gerätehaus ein Super-Fahrzeug – mit eingebautem 4 000 Liter Wassertank, mit einem Schaum-Wasserwerfer auf dem Dach, mit Greifzug, Lichtmast und Wärmebildkamera.
Knapp 300 000 Euro kostet das Ganze. „Es ist das erste neue Fahrzeug, das wir in Röhrsdorf erhalten. Bisher haben wir nur Gebrauchte aufgearbeitet“, sagt der 41-jährige Wehrleiter. Für die Röhrsdorfer ist das ein Grund, an diesem Tag tüchtig zu feiern. „Unsere Feuerwehr hat das verdient. Sie ist immer zur Stelle, wenn sie gebraucht wird“, sagt Einwohnerin Brigitte Große. Die 65-Jährige hat deshalb auch mit weiteren Frauen eine Girlande zur Einweihung des neuen Fahrzeuges angefertigt. Auch Landrat Steinbach würdigt das Engagement der Wehr.
Mit den Röhrsdorfern feiern die Soraer Kameraden. Denn auch sie haben ein neues Fahrzeug TSF – Kosten 150 000 Euro –, das ebenfalls an diesem Tag eingeweiht wird. „Für uns geht ein Wunsch in Erfüllung. Und bald ist unser neues Feuerwehrhaus fertig“, sagt Kamerad Eric Petermann.