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Kaffeeduft vermischt sich mit Literatur-Genuss

Senioren haben in Ostritz ein „Literatur-Café“ ins Leben gerufen. Ab und an kommen sie im Café Giersch zusammen, um sich über Bücher auszutauschen

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Von Torsten Töpler

Die mit einigen kleinen Blumensträußchen gedeckten Tische des gemütlichen kleinen Raumes laden zum Verweilen. Ein ganzer Schwall von Verführungen schwebt aus der großen Kaffeestube durch die Tür: Süßliche Düfte von Torten und Kuchen vermischen sich mit dem Geruch frischen Backwerks und aromakräftigen Kaffees.

In unregelmäßigen Abständen treffen sich einige Senioren im Ostritzer „Café Giersch“, um gemeinsam Literatur zu erleben. Sinnliche Genüsse in Verbindung mit dem meisterhaft geschriebenen Wort. An sich eine Idee aus vergangenen Jahrhunderten. Damals stellte noch ein kleines Pappbuch den stundenlangen Hollywood-Reißer dar.

Nach ein paar biografischen Worten über Marie von Ebner- Eschenbach liest die Ostritzerin Josefine Schmacht Teile aus deren Roman „Bozena“. Zwischendurch fasst sie immer wieder mal Geschehnisse mit eigenen Worten zusammen. Nach etwa einer Stunde ist dann auch niemand über den Ausgang des Buches im Unklaren.

Neugierde wecken zum eigenen Nachlesen, das will das „Literatur-Cafè. „Heimatsagen hatten wir schon zum Thema, Kurt Davids ‚Begegnung mit der Unsterblichkeit' oder auch Oberlausitzer Mundart“, erzählt Josefine Schmacht über vergangene Nachmittage. Erst seit Anfang dieses Jahres gibt es diese Zusammenkünfte in der traditionellen Konditorei der kleinen Stadt. Auch die Chefin des Hauses kommt nicht umhin, sich während der Lesungen mal kurz mit dazuzusetzen. „Um die 25 Leute waren schon mal hier“, erinnert sich Barbara Schreiber an einen bisherigen Gästerekord. „Viele Menschen sind doch immer so allein“, nennt Josefine Schmacht den Anlass für ihre Idee. Denn eine nette Unterhaltung in der Runde schließe sich an. Dabei wird zunächst über das Gelesene gesprochen, was dann auch zwangsläufig immer zu den ganz alltäglichen Sorgen und Problemchen führt.

„Frau Schmacht liest nicht nur vor, sondern erzählt auch“, findet die Ostritzer Rentnerin Hannelore Klaus, weshalb sie gern zum „Literatur-Café“ kommt. Bisher hat sie auch keinen der Literatur-Nachmittage ausgelassen. Zu Hause lese sie eher selten.

„In Gesellschaft ist es auch viel schöner“, bemerkt Herta Ufer. Jahrzehntelang war die resolute Ostritzerin in der Landwirtschaft beschäftigt, jetzt schreibt sie selbst Gedichte zu besonderen Familienanlässen. Von den zehn Personen der kleinen Runde wird sie auch sogleich einstimmig zu einer Kostprobe aufgefordert.

Und so gibt es den gereimten Lebenslauf der Familie Ufer gleich gratis, gewissermaßen als Sahnehäubchen zum „Literatur- Cafè“ an diesem Nachmittag.