Von Kerstin Unterstein
Der Kamenzer Geschichtsverein hatte am Freitag zu einem Vortrag „Kino und Film der Stadt Kamenz“ eingeladen. Die Referentin Mona Harring war durch ein Praktikum im Stadtarchiv Kamenz kurz vor dem Ende ihrer Ausbildung zum ersten Mal auf die Kamenzer Kinogeschichte gestoßen und hatte danach, wie sie selbst sagte, „ihre Leidenschaft fürs Kino und das Interesse für die Lokalgeschichte“ in weiteren Forschungen verbunden.
Es begann mit Wanderkinos
Per Zeitungsinserat, so Mona Harring, habe sie für das Jahr 1899 den ersten Nachweis für den Besuch eines Wanderkinos in Kamenz anlässlich des Forstfestes gefunden. In den folgenden Jahren kamen Wanderkinos auch zu Jahrmärkten, wie auf dem Schulplatz oder in Hotels wie den „Goldnen Stern“ oder das „Stadt Dresden“. Für eine Kinovorstellung 1904 könne man sogar eine Rezension im Kamenzer Tageblatt finden, die mit den Worten endet, dass der „Besuch der Vorstellung nur empfohlen werden kann“. Am 9. Juli 1910 eröffnete auf der Bautzner Straße 51 die Gastwirtsfamilie Hauffe das erste feste Kino in Kamenz. Auch dazu fand sich ein Kommentar im Kamenzer Tageblatt: Gelobt wurden der billige Eintritt sowie die Ausstattung nach großstädtischem Muster. Dieses Kino schloss bereits im November 1910 und wurde nach vollständigem Umbau einige Wochen später mit 300 Sitzplätzen neu eröffnet.
Die Jahre 1914 bis 1945 waren dann geprägt durch die zunehmende Instrumentalisierung des Mediums Kino als Propagandamittel, am stärksten im Dritten Reich. 1929 wurde in Deutschland der erste Tonfilm gespielt. In diesen Jahren blühte auch die Kinolandschaft in Kamenz weiter auf. Nach dem Umbau der „Welttheater-Lichtspiele“, die dann „Kammerlichtspiele“ hießen, fanden dort 500 Besucher Platz. 1927 traute sich jemand an ein zweites Kino heran. In der Sachsentreue an der Macherstraße entstanden die „Sachsen-Lichtspiele“, gegründet von Johanna Stelter. Neuer Eigentümer wurde hier 1928 Paul Rabe, und 1930 fand man das letzte Inserat der „Sachsen-Lichtspiele“. 1936 wurde dieses Haus durch die Kino erfahrene Familie Hauffe als „Film-Eck“ neu eröffnet.
Wochenschau obligatorisch
Gespielt wurden in diesen Jahren vor allem die obligatorische Wochenschau sowie Unterhaltung. Außerdem gab es zahlreiche mobile Vorführungen durch die so genannten „Gaufilmstellen“. Ab 1938/39 fanden sich auch Beweise für weitere Kinos in der Umgebung, so in Großröhrsdorf oder Bretnig.
Ab 1945 prägten dann Beschlagnahmungen und Enteignungen sowie zentralisierte Strukturen auch das Kino. Dies führt mit zur Ausdünnung des Kinonetzes. Am 31.Dezember 1945 entzog die Stadt Kamenz Ida Hauffe die Verfügungsgewalt über beide Kinos, am 15. August 1947 wurden beide Kinos enteignet. Unter einem Kreislichtbetrieb, später VE Lichtspielbetrieb Dresden, wurden beide Kinos weiter betrieben. 1971 kam es zur Schließung des „Film-Eck“. In den „Kammer-Lichtspielen“ wurde 1980/81, relativ spät im Vergleich zu anderen Kinos in der DDR, auf Xenonlicht umgerüstet.
Nach der Wende das Ende
Nach der Wende fanden überall in Ostdeutschland Umgründungen in Kino-GmbH und Übernahmen durch die Treuhand statt. Viele klassische Ein-Saal-Kinos wie das in Kamenz überlebten nicht, große Multiplex-Kinos entstanden. Bis 1994 wurde in den „Kammer-Lichtspielen“ Kino gespielt. Der Besucherrückgang führte zur Schließung. 1998 fand eine Versteigerung statt, das Gebäude und alle noch darin lagernden Dokumente gingen in Privathand über. Ein ortsfestes Kino wird es wohl in Kamenz nicht mehr geben.
Nach ihrem Vortrag erhielt Mona Harring noch Anregungen, was unbedingt in eine Kamenzer Kinogeschichte hineingehören müsste. So erinnerte Jens Fichte an den Filmclub, der bis 1994/95 regelmäßig Filme zeigte, an die Sommerfilmtagen auf der Hutbergbühne oder an das mobile Landfilmkino durch Frank Pietzsch. Die Anregungen sollen nun in die Schriftenreihe des Geschichsvereins über „Kino und Film der Stadt Kamenz“ eingehen.