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Kammeroper zwischen Kirche und Pfarrhaus

Der Reichenbacher Kirchplatz zeigt sich in ungewohntem Gewand. Da wird Wein verkauft, Eis verteilt, und Tische, Bänke und Stühle laden zum Verweilen ein. Und plötzlich ertönt erst Musik an der Kirche, später Geschrei aus dem Pfarrhaus.

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Von Constanze Prause

Der Reichenbacher Kirchplatz zeigt sich in ungewohntem Gewand. Da wird Wein verkauft, Eis verteilt, und Tische, Bänke und Stühle laden zum Verweilen ein. Und plötzlich ertönt erst Musik an der Kirche, später Geschrei aus dem Pfarrhaus. Wütend und traurig zugleich stürzt eine junge Frau in kurzem roten Kleid aus dem Haus. Rausgeschmissen worden sei sie, erklärt sie und fragt die Passanten, ob denn nicht jemand eine Anstellung als Hausmädchen für sie hätte. Niemand scheint sie ernst zu nehmen. Die Arme verfällt in klagenden Gesang.

Zuschauer äußern sich durchweg angetan

„Pimpinone oder die ungleiche Heirat“, eine Aufführung des Görlitzer Musiktheaters, lockte an drei Tagen das Publikum in Reichenbach auf den Platz an der evangelischen Kirche im Stadtkern. Petra Bautz und Diana Kißmann sind sich einig, dass durch solch eine Veranstaltung der Gemeinschaftssinn gefördert wird. „Und es ist toll, weil man nicht extra ins Theater nach Görlitz fahren muss, sondern das Theater herkommt.“ Beeindruckt ist Diana Kißmann auch von der besonderen Kulisse vor Ort und die gute Akustik.

Harald Krüger sieht das ähnlich. „Mir hat die Veranstaltung sehr gut gefallen“, sagt er nach der Auffürhung. Es mache Freude, bei schönem Sommerwetter in der Heimatstadt draußen zu sein und ein solches Werk zu erleben. Auch eine Wiederholung ähnlicher Auftritte wäre seiner Ansicht nach denkbar. Denn dann könne anhand der Beständigkeit ermittelt werden, wie wertvoll den Menschen das kulturelle Angebot ist.

Seine Frau Sigrid fügt hinzu: „Gleichzeitig kann man die Leute anstoßen, einmal heraus zu kommen. Es gibt zwar Kulturangebote vor Ort, aber noch nicht in diesem Rahmen.“ Marlene Hoffmann hat „Pimpinone“ ebenfalls genossen und schwärmt: „Ich finde es schön, dass es Kultur dieser Art nach Reichenbach zieht.“ Die junge Frau erzählt, dass sie schon bei den Konzerten der Neuen Lausitzer Philharmonie im Reichenbacher Rathaussaal dabei war. Die heitere Kammeroper von Georg Philipp Telemann unter freiem Himmel habe ihr noch besser gefallen. Nun wünscht sie Wiederholungen in dieser Richtung. „Hoffentlich werden die Kosten für solche Angebote nicht hochgeschraubt. Der heutige Eintrittspreis von zehn Euro war vertretbar“, schiebt sie hinterher.

Aus dem Alltag raus und rein ins Ungewöhnliche

Vor allem Besucher aus dem Umland und der Gastgeberstadt selbst nehmen den Kunstgenuss unter freiem Himmel als Augen- und Ohrenschmaus an. Doch Ekkehard Brand kommt nicht aus dem Niederschlesischen Oberlausitzkreis, sondern aus Seckach. Er ist der ehemalige Bürgermeister der Reichenbacher Partnerstadt. Seine Frau stammt aus Reichenbach.

„Es ist mutig, so etwas anzugehen. Denn niemand weiß vorher, ob das Wetter oder die Besucher mitspielen“, sagt er. Die zentrale Lage biete sich aber dafür gut an. Wenn vor der eigenen Haustür Profis auftreten, könne man nur allen Beteiligten gratulieren. „Gleichzeitig ist das ein Angebot für die Leute, die hier leben“, stellt er fest. Denn damit käme man raus aus dem Alltäglichen und rein in das Ungewöhnliche.

Pimpinone (Lars Fosser) und seine von ihm angebetete Haushälterin Vespetta (Barbara Siegel) machten bereits im Vorfeld mit den anderen Akteuren die Abende zu einem Erlebnis. Die Kulisse spielte dabei eine tragende Rolle. Denn bisher erlebten es die Reichenbacher wohl noch nie, dass Kirche, Kirchplatz und Pfarrhaus den Hintergrund für Schauspiel gepaart mit Musik boten. In der Kirche selbst erklang nach der Aufführung Orgelmusik.