Glauben Sie als Riesas Olympiabeauftragter eigentlich noch daran, dass die Spiele in neun Jahren auch in Riesa stattfinden werden?
Ich denke, der Brief, den Tiefensee an mich geschrieben hat zeigt, dass Riesa weiter im Boot ist, dass wir Bestandteil der Olympiakonzeption sind und auch bleiben werden.
Glauben Sie an die Zusagen von Herrn Tiefensee?
Es muss jetzt Gespräche mit dem Olympiabeauftragten der Stadt Leipzig und Oberbürgermeister Tiefensee geben. Dann sehen wir, welche Rolle man Riesa im Olympiakonzept tatsächlich zugedacht hat. Und wir werden dafür kämpfen, dass Riesa darin eine Rolle spielt.
Können Sie an dem neuen Konzept in irgendeiner Form direkt mitarbeiten?
Wir haben zwar die Spiele gemeinsam gewonnen, aber Leipzig ist die Stadt, die den Zuschlag gewonnen hat, und Leipzig ist die Stadt, die das neue Konzept erstellt. Aber Herr Tiefensee hat klipp und klar gesagt, dass wir hier ein Mitspracherecht haben. Und daran wird er sich messen lassen müssen.
Haben Sie mit Leipzig schon darüber gesprochen, wie Sie an dem neuen Konzept mitarbeiten?
Bis jetzt nicht. Aber es gibt eine Zeitschiene. Ich denke, dass es in den nächsten Wochen Gespräche geben wird.
An denen Sie beteiligt sind?
An denen die Riesaer beteiligt sind.
Hat der Weggang von Wolfram Köhler in Riesa eine Lücke im Kampf für Olympia hinterlassen?
Nein. Die Stadt hat es geschafft, innerhalb von drei Tagen 5 000 Unterschriften zu sammeln. Ich glaube nicht, dass eine andere Stadt dies geschafft hätte. Der Stolz der Bürger ist das Ausschlaggebende. Das zeichnet diese Stadt aus. So lange sie diesen Stolz hat, wird sie siegen. Deshalb ist Riesa auch ohne Wolfram Köhler eine wehrhafte Stadt, die sich nicht ins Aus drängen lässt.
Wie beurteilen Sie die aktuelle Rolle von Wolfram Köhler? Setzt er sich nach wie vor für die Stadt Riesa ein?
Herr Köhler hat jetzt eine neue Position als Staatssekretär und muss die Interessen der Sachsen insgesamt vertreten. Ich denke nicht, dass Riesa dabei hinten runterfällt, aber wir müssen lernen, uns selber zu verteidigen und uns darzustellen.
Wo sehen Sie da Ihre Aufgabe?
Ich habe das Amt des Olympiabeauftragten ehrenamtlich für eine Übergangszeit, bis zum 15. August, übernommen. Bis zu diesem Zeitpunkt werde ich die Interessen der Bürger dieser Stadt vertreten. Dazu muss man auf der einen Seite kämpfen können, auf der anderen Seite aber auch zurückhaltend agieren können. Wir sind Partner von Leipzig, und Partner wollen wir bleiben. Wir wollen nichts kaputtmachen.
Werden die Riesaer in nächster Zeit Aktionen anschieben, um weiter im olympischen Boot zu bleiben? Und wo genau werden Sie kämpfen?
Ich stehe in engem Kontakt mit den Leuten, die die jüngsten Aktionen geleitet haben. Wir haben auch kürzlich wieder zusammengesessen und abgestimmt, wie wir weiter verfahren.
Und wie werden Sie weiter verfahren?
Aus Leipzig ist die Botschaft gekommen, man wird mit uns reden. Wir werden Werbung für Riesa machen, aber keine Werbung mehr gegen Leipzig.
Braucht Riesa, wenn es Olympiastandort wird, eine vierspurige B 169?
Wir wollen diesen großen Standortnachteil in jedem Fall beseitigen und brauchen die vierspurige Autobahnanbindung als Grundvoraussetzung. Die Evaluierungskommission des IOC will 2005 nicht nur Pläne, sondern Spatenstiche sehen.
Auf Hilfe aus Berlin kann Riesa aber offenbar nicht setzen. Im Bundesverkehrswegeplan bleibt es bei der dreispurigen Variante.
Bis jetzt ist das nur eine Kabinettsvorlage, die nicht nachzuvollziehen ist. Bis zur Verabschiedung durch den Bundestag haben wir Zeit zu kämpfen. Auch wir als Olympiapartner müssen in ein Sofortprogramm aufgenommen werden.
Wenn Leipzig in der internationalen Olympiabewerbung unterliegen sollte, braucht Riesa dann keine vierspurige B 169 mehr?
Die Wirtschaft hier braucht den vierspurigen Ausbau immer. Die Frage ist nur, mit welchen Mitteln erreiche ich das. Olympia ist ganz klar mehr als ein Infrastrukturprogramm. Aber das ist es auch. Hier gilt ganz klar: Wir müssen diesen Standortnachteil beseitigen, bevor die Evaluierungskommission kommt.
Ihre Amtszeit endet am 15. August. Wird es den Posten des Olympiabeauftragten auch danach geben?
Das müssen Sie den neue Oberbürgermeister fragen.
Ist es möglich, dass auch nach dem 15. August der Olympiabeauftragte Norbert Paul heißt?
Das schließe ich aus.
Gespräch: Gunter Niehus