Von Karsten Blüthgen
Es hatte den Eindruck, als wollten sich die Wandbilder im Schiff der Dresdner Annenkirche nach der Musik bewegen. Doch beheizte Luft folgt einem eigenen Rhythmus. Das Publikum vom Freitag war dagegen verzückt von den Tönen aus dem Altarraum.
Die Dresdner Kapellsolisten unter ihrem Leiter Helmut Branny musizierten in Hochform und brachten Barockwerke von Vivaldi, Telemann und Zeitgenossen mit ihren modernen Instrumenten auf Hochglanz. Die zwei Gastsolisten wurden an diesem Abend ganz besonders gefeiert.
Man konnte durchaus gemischte Gefühle durchleben, wenn Mathias Schmutzler und Peter Lohse, Solotrompeter der Staatskapelle, ihre Instrumente ansetzten: Da war einerseits die unüberhörbar professionelle Beherrschung der Materie, die allerhöchste Perfektion unweigerlich zum Maß der Dinge macht und als eher kühler Hauch herüberweht. Da war andererseits aber auch die warme, gefühlsmäßige und aufrichtige Hingabe für ein reichlich bedientes Genre konzertanter Barockmusik, die dem Hörer des Konzerts höchsten Genuss beschert.
Gute Ergänzung
der Tonfärbungen
„Zwei Trompeten“ lautete das Motto des Programms recht nüchtern. Nüchtern und unscheinbar lesen sich auch die über weite Strecken parallel verlaufenden oder imitierenden Trompetenstimmen in Johann Melchior Molters Partituren.
Was das Solistenduo und seine Begleiter aus den Noten des Karlsruher Hofkapellmeisters dann zauberten, war für Musikfeinschmecker absolut hörenswert.
Der geschmeidigere Ton Schmutzlers und die hellere Färbung Lohses ergänzten sich wohlig. Über die klangliche Differenz war man sogar dankbar, bisweilen ließen sich beide nur dadurch unterscheiden.
Die Annenkirche im Dresdner Zentrum ist für ihre etwas beengten Platzverhältnisse bekannt, und die Solisten nahmen hinter dem Ensemble Aufstellung, was dem Live-Erlebnis einen zusätzlich eigentümlichen Reiz gab.
Auch neben den Solisten brillierte das Ensemble, wenngleich manches Klischee hervorblitzte und es in Dynamik und Phrasierung auch Reserven gab. In Telemanns „Burlesque de Quixote“ aber traf man den effektvoll-galanten Ton Satz für Satz. Den mochte man ja schon damals.