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Karbaum weiter unter Druck

Nach der Rücktrittsforderung von Hotelchef Andreas Kremp steht Oberbürgermeister Rolf Karbaum auch beim Stadtrat in der Kritik.

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Am Dienstagabend hatte Oberbürgermeister Rolf Karbaum alle Fraktionsvorsitzenden zu einem Gespräch ins Rathaus geladen. Doch mit der Aussprache ist die Kritik an seiner Amtsführung und an der Arbeit aller Bürgermeiser und Stadträte nicht vom Tisch.

Mercure-Chef Andreas Kremp „hat in vielen Dingen den Nagel auf den Kopf getroffen“, sagte etwa PDS-Stadtrat Klaus Keller gestern zur SZ. Auch CDU-Fraktionschef Thomas Leder verteidigte das Vorgehen des Hotel-Managers. „Er macht das ja nicht, um jemanden zu ärgern, sondern um etwas zu bewegen.“ Die Rücktrittsforderung an Karbaum wollten allerdings weder Keller noch Leder unterstützen.

Kremp hatte, wie berichtet, in einem öffentlich gemachten Brief den Rücktritt des OB gefordert, weil er den Tourismus in Görlitz vernachlässige und Zusagen gegenüber der Branche nicht einhalte.

„Es fehlt eine Strategie, eine Linie“, bekräftigte gestern auch CDU-Fraktionschef Leder. „Wenn auf einmal 200 Busse in der Stadt sind, kann man immer noch über Massentourismus debattieren.“ Leder kritisierte auch, dass die Verwaltung an Projekten arbeite, die nicht mehr auf der Tagesordnung stehen. Die Aufwertung der Rauschwalder Straße nannte er als Beispiel. „Dafür haben wir überhaupt kein Geld.“ Es sei Aufgabe der Bürgermeister und letztlich des Oberbürgermeisters, darauf zu achten, dass die Verwaltung sich mit den wichtigen Themen beschäftige.

Als Zeichen für das Versagen der Verwaltung wertete Leder die Planung für den 7. Mai, den Tag, als der Bau der Altstadtbrücke offiziell begonnen hat. Die Stadträte seien weder vom Empfang in der Vierradenmühle informiert worden, noch von der Einladung nach Polen. Stattdessen habe der OB nachmittags eine Sitzung des Verwaltungsausschusses anberaumt.

Nach Leders Einschätzung ist Karbaum seit zwei Jahren seiner Aufgabe nicht nachgekommen, Vorschläge zu machen, wie die Finanzkrise bewältigt werden kann.

Wie Leder mahnte auch Keller an, der Oberbürgermeister müsse mehr mit den Stadträten reden. Künftig wollen die Fraktionsvorsitzenden einmal im Monat mit dem OB über wichtige Themen beraten. „Der Brief von Herrn Kremp hat durchaus eine Wirkung erzielt.“

Rolf Weidle (Bürger für Görlitz) wollte sich noch nicht öffentlich zu der Kritik an Karbaum äußern. Auch er sieht allerdings „erheblichen Diskussionsbedarf“.

Als unsinnig bezeichneten die Sprecher von CDU und PDS das Vorgehen der SPD. Die Sozialdemokraten hatten sich bei der Konzernzentrale der Hotelkette „Accor“ über Kremp beschwert. (SZ/fs)