Von Peter Redlich
Radebeul. Im Jahr 1908 war Karl May 66 und schon richtig vermögend. Er besaß Villen in Radebeul und bewohnte selbst die heutige Villa Shatterhand. Gleich im Erdgeschoss pflegte der Erfinder von Winnetou und Kara Ben Nemsi seine Gäste zu empfangen. Standesgemäß im Empfangszimmer. Und das sollte repräsentativ sein. Mit einem halben Dutzend Gemälden des damals noch jungen Malers Sascha Schneider versehen, den der Schriftsteller förderte.
Durch verschlossene Glastüren kann der Besucher heute das Empfangszimmer betrachten. Zu wertvoll sei vieles darin, um die Tür offen zu lassen, sagt Hans Grunert, Kustos des Karl-May-Museums in Radebeul. Doch was der Betrachter in dem Raum bisher sah, entsprach zum Teil nicht dem Original.
„Als wir 1994 die Einrichtungsgegenstände und Ausstellungsstücke für Karl Mays Zimmer aus Bamberg für insgesamt 3,5 Millionen D-Mark zurück gekauft hatten, blieben nur wenige Wochen Zeit, um die Räume im ganzen Haus herzurichten“, sagt Grunert. Raufasertapete und ein beiger Farbton wurde ausgesucht. Auch die an der Wand zu DDR-Zeiten angebaute Heizung war bei dem Schriftsteller eigentlich in die Wand eingelassen.
Was in den letzten Wochen korrigiert wurde, verlangte vorher aufwändige Forschungsarbeit. Schließlich waren auf alten schwarz-weißen Fotos keine Farben zu sehen. Grunert: „Wir haben uns mit Denkmalpflegern zusammen beratschlagt.“ Außerdem kannten die Museumsleute inzwischen den Nachlass des Innenarchitekten von Karl May. Gustav Bär hatte dem Meister das Empfangszimmer zwischen 1907 und 1908 eingerichtet.
In Bärs Unterlagen seien dann Begriffe wie der „Blaue Salon“ aufgetaucht. Mit Farbtafeln und dem Rat der Denkmalexperten fanden die Radebeuler schließlich das Blau für die Wände, welches dem Original sehr nahe kommt. Auch die Umrahmungen der Türen in einem dunkelblauen Streifen sind wieder ergänzt worden. Die Heizung ist jetzt wieder in die Wand eingelassen. Was auch den Vorteil biete, dass mehr Platz für den Schreibtisch Karl Mays und die wertvollen geschnitzten hölzernen Faltwände bleibt. „Der Besucher sieht jetzt einfach mehr“, sagt Kustos Grunert und freut sich, dass wieder ein Stück in der Villa Shatterhand wirklich wie einst aussieht.
Knapp 5000 Euro wurden vom Museum aufgebracht, um die Renovierungsarbeiten und Umbauten in den letzten Wochen durchführen zu lassen. Keinen Tag war das Haus geschlossen. „Das können und wollen wir uns nicht leisten“, sagt Museumsdirektor René Wagner, der auch 2012 wieder die Gästezahl von mindestens 60000 anpeilt.
Old Shatterhands Henrystutzen und Bärentöter und von Winnetou die Silberbüchse, die berühmten Roman-Gewehre, stehen wieder am richtigen Fleck im Erdgeschoss. Dort wurden, wie auch im ersten Stock die Wände gemalert, das Parkett geschliffen. Neue, vergoldete Zierleisten rahmen die Wände. Genau rechtzeitig für die Besucher in den Winterferien ist alles auf Hochglanz.