Von Heike Jehnichen
Radeberg. Die Zeichen in der sächsischen Stahl- und Metallindustrie stehen auf Streik. Gestern waren auch die Beschäftigten des Dresdner Karosseriewerkes mit Sitz in Radeberg an die Urnen gerufen. Sie sollten darüber befinden, ob gestreikt wird oder nicht. „Seit gestern 3.30 Uhr waren bei uns im Betrieb die Wahlurnen aufgestellt“, so Betriebsratsvorsitzender Ingolf Kroitzsch. Damit sollte den ersten Beschäftigten des Tages zur Frühschicht die Möglichkeit zur Abstimmung gegeben werden. „Der erste Schub ist so bis gegen 8.30 Uhr durch“, sagt Ingolf Kroitzsch. Die zweite Aktion läuft dann noch einmal gegen 13.30 Uhr, wenn die Kollegen der Spätschicht zur Arbeit kommen. An zwei Stellen am Radeberger Karosseriewerk stand die IG Metall mit einem Info-Bus und den Urnen. Wie viel Kollegen an der Abstimmung gestern teilgenommen haben, konnte noch nicht gesagt werden. Auf jeden Fall rechnet die Gewerkschaft mit einer regen Beteiligung.
Bereits am 6. Mai hatte es im Radeberger Karosseriewerk einen Warnstreik gegeben, bei dem die Gewerkschaft ihre Forderung zum Ausdruck brachte. Die IG Metall will eine Wochenarbeitszeit von 35 Stunden per Tarifvertrag durchsetzen. Sie pocht auf die Angleichung mit dem Westtarif, wo die 35-Stunden-Woche bereits gilt. Im Osten arbeiten die Beschäftigten jetzt 38 Stunden in der Woche. Betriebsratsvorsitzender Ingolf Kroitzsch ist davon überzeugt, dass man mit Härte etwas erreichen kann. Die 35-Stunden-Woche wäre ein Schritt in die richtige Richtung.
Die Arbeitnehmer im Osten sehen das anders. Für sie kommt eine Angleichung erst dann in Frage, wenn sich Ost und West auch wirtschaftlich angenähert haben. Außerdem würden drei Stunden weniger Arbeitszeit 8,6 Prozent mehr Kosten pro Stunde bedeuten. Die geringere Arbeitszeit würde nicht automatisch zu mehr Arbeitsplätzen führen. Eher ist das Gegenteil der Fall: Durch höhere Kosten würden Stellen gestrichen werden müssen.
Andere Betriebe als das Karosseriewerk nehmen im Rödertal nicht an der Urabstimmung teil. „Es ist kein weiterer Betrieb im Tarifverbund vertreten“, erklärt eine Sprecherin der IG Metall in Bautzen.