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Katastrophenmonat wegen Lokführerstreik

Die Gästezahlen in der Sächsischen Schweiz sind im April überraschend niedrig. Schuld ist ein Anreise-Problem.

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Von Gunnar Klehm

Das war ein Schock. Im April erklärte die Lokführergewerkschaft GDL, dass wieder gestreikt wird. Mitte des Monats kam die Nachricht, dass zwei Tage lang der Schienenverkehr lahmgelegt werden soll. Und das sei nur der Anfang. Wie wir heute wissen, wurde es im Mai für Zugreisende noch dramatischer. Dass die Streiks auch Auswirkungen auf den Tourismus in der Sächsischen Schweiz haben würden, konnte man zwar vermuten. Belegen ließ sich das aber kaum.

Der Monatsbericht Tourismus vom April 2015 des Statistischen Landesamtes lässt nun kaum einen anderen Schluss zu. Wie die Stadtverwaltung Bad Schandau mitteilte, liegen die Übernachtungszahlen im Stadtgebiet für diesen Monat nur geringfügig über denen von April 2014. Der gehörte aus touristischer Sicht noch zu den Katastrophenmonaten nach dem verheerenden Elbehochwasser 2013. Viele Hotels und Pensionen waren wegen Sanierungsarbeiten noch geschlossen. Wichtige touristische Infrastruktur wie die Toskana-Therme waren es ebenfalls. Das Nationalparkzentrum war nur eingeschränkt nutzbar.

Im April 2015 waren sowohl Toskana-Therme als auch Nationalparkzentrum wieder komplett geöffnet. Nur das Hotel Elbresidenz mit seinen über 200 Betten fehlt noch. Deshalb ist auch klar, dass die Übernachtungszahlen von 2012 dieses Jahr noch nicht erreicht werden. Dass die April-Zahlen aber nur den Wert des Vorjahresmonats erreichen, enttäuscht schon und sollte mal genauer analysiert werden.

Bad Schandau ist der wichtigste Gradmesser für den Tourismus im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge. Knapp ein Viertel der vom Statistischen Landesamt erfassten Übernachtungen im Kreis – rund 119 000 – verzeichnet die Stadt Bad Schandau, nämlich 27 800. Das liegt nur unwesentlich höher als 2014.

Pegida-These passt hier nicht

Dass der Wirtschaftszweig Tourismus immer mal Schwankungen ausgesetzt ist, wissen alle Kenner der Branche. Doch woran hat es diesmal gelegen? Am Wetter? Wie soll das im April schon sein? Der diesjährige war nicht feuchter als der vorhergegangene. Es gab weder einen Wintereinbruch noch Starkregen. Das taugt als Argument in diesem Fall weniger.

Könnte es an der politischen Großwetterlage gelegen haben? Schließlich hat auch Dresden bei Hotelübernachtungen im April ein Minus von satten zwölf Prozent zum Vorjahresmonat zu verzeichnen. Kann man die Zurückhaltung, unsere Region als Reiseziel zu wählen, auf die Berichterstattung über Pegida-Demonstrationen zurückführen? Auch Bad Schandau machte ja diesbezüglich Schlagzeilen. Leipzig musste im Vergleich ein Minus von 0,8 Prozent verkraften. Der Bericht des Landesamtes weist zudem für die Sächsische Schweiz einen Rückgang der Ankünfte von ausländischen Besuchern von fast 30 Prozent aus. Zu dieser Pegida-These passt aber nicht, dass es auch in Chemnitz ein Minus von 17 Prozent bei Hotelübernachtungen gab. Außerdem ist die Bilanz im Vergleich für das erste Quartal 2015 nicht so negativ wie die für den April. Doch auch von Januar bis März wurde ja schon demonstriert.

Passender erscheint dagegen, dass die angedrohten und tatsächlich durchgeführten Lokführerstreiks Tausende Touristen kosteten. „In dieser Zeit sind besonders viele Freimeldungen von Vermietern von Ferienzimmern bei uns eingegangen“, sagt Gundula Strohbach, die Geschäftsführerin der Bad Schandauer Kur- und Tourismus GmbH (BSKT).

Dass die Bahnreisenden tatsächlich gefehlt haben und nicht aufs Auto umgestiegen sind, kann man anhand der eingenommenen Parkgebühren gut nachweisen. Parkplätze bewirtschaftet auch die BSKT. „An den Streiktagen haben wir aber nicht mehr eingenommen als in den Tagen davor oder danach“, sagt Gundula Strohbach. Mehr Autofahrer kamen also nicht.

Dass die gute Bahnanbindung ein Entscheidungskriterium für Bad Schandau ist, bestätigt auch die Leiterin Marketing/Verkauf der Pura Hotels, Ulrike Espig. „Das ist ein entscheidender Vorteil gegenüber anderen, auch im Tagungsgeschäft“, sagt sie. Das gilt auch für internationale Gäste, die über den Flugplatz von Prag in die Sächsische Schweiz weiterreisen. Passt die Kombination mit dem Zug oder der S-Bahn nicht, mache sich das bemerkbar.

Die Übernachtungszahlen für Mai werden noch mit etwas Bangen erwartet. Dank der aktuellen Einigung im Tarifstreit der Lokführer sollte danach aber wieder Vorfreude auf die Statistik einsetzen.