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Kein Golf ohne Teile aus Ottendorf

Die JKL Kunststoff Lackierung GmbH ist ein Spezialist fürs Auto-Interieur. Und für die Terrakotta-Armee.

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Von Jana Ulbrich

Eine Betriebsamkeit wie in Willy Wonkas Schokoladenfabrik: Überall Mitarbeiter in grünen Latzhosen. Überall Ständer mit schwarzen oder grauen Kunststoffteilen: Türgriffe für den Passat, Mittelarmlehnen für den Audi A6, Ablagefächer für den Audi A8, Griffmulden für den Golf, Zierblenden für den Skoda. Teile für den Caddy, den Phaeton, den Porsche Cayman. Eine pausenlose Bewegung: Die einen Teile müssen raus aus der Lackierung, die anderen müssen rein. Die einen müssen zum Bestücken, die anderen zur Endkontrolle. Ein für Laien kaum durchschaubares Hin und Her, das sich da in der Produktionshalle der JKL Kunststoff Lackierung entfaltet.

BMW. Uwe Rischer bestückt die Ständer für die Lackierung von Armlehne-Teilen für den 7er BMW.
BMW. Uwe Rischer bestückt die Ständer für die Lackierung von Armlehne-Teilen für den 7er BMW.
VW. Susan Ludwig (Mitte) und ihre Kolleginnen in der Endkontrolle verpacken gerade Türgriffe für den aktuellen VW Passat. In der JKL Kunststoff Lackierung GmbH in Ottendorf-Okrilla werden zehn Millionen Fahrzeugteile pro Jahr lackiert. Die Teile für den P
VW. Susan Ludwig (Mitte) und ihre Kolleginnen in der Endkontrolle verpacken gerade Türgriffe für den aktuellen VW Passat. In der JKL Kunststoff Lackierung GmbH in Ottendorf-Okrilla werden zehn Millionen Fahrzeugteile pro Jahr lackiert. Die Teile für den P
Audi. Roboter übernehmen die Lackierung. Gerade sind Teile für die Mittelkonsole des Audi dran.
Audi. Roboter übernehmen die Lackierung. Gerade sind Teile für die Mittelkonsole des Audi dran.

Was auf den ersten Blick wie ein Chaos wirken könnte, funktioniert wie ein gutes Getriebe. Das scheinbare Gewusel ist minutiös durchdacht und geplant. Anders ginge das gar nicht bei mehr als 20 aktuellen Projekten, die hier alle gleichzeitig am Laufen sind. „Gute Planung ist da alles“, weiß Geschäftsführer Hans Jürgen Kagerer und hebt anerkennend den Blick nach oben. Oben im Büro sitzen die Produktionsleiterin und der Planungsstab. Auf dem Papier entwerfen sie die Produktionsabläufe. Durch ein großes Fenster können sie hinunter in die Halle sehen. Sie blicken zufrieden. Alles reibungslos. Die Lackierung wird gerade neu bestückt. Kunststoffteile für Audi sind dran. Aufgereiht auf speziellen Ständern fahren sie in die geschlossene Lackier-Anlage.

Das Lackieren übernehmen Roboter. Die überschüssige Farbe – JKL verwendet Hydrolacke mit hohem Umweltstandard – wird in einen Wasserkreislauf gespült und immer wieder ausgefiltert. Das Wasser im Kreislauf muss nicht gewechselt werden, nur ab und zu nachgefüllt. Der ausgefilterte, getrocknete Lackschlamm wird zu Brennpellets verarbeitet. Mit den Pellets können Strom und Wärme erzeugt werden. Hans Jürgen Kagerer ist stolz auf dieses System. „Umweltfreundlicher geht Lackieren kaum“, sagt der Geschäftsführer.

Und es geht auch nicht auf einem noch höheren technischen Niveau. Die vollautomatische Roboterlackieranlage in Ottendorf-Okrilla gehört zu den modernsten, die es gibt. Auf fünf Tausendstel Millimeter genau kann die Farbe aufgetragen werden, auf die kompliziertesten dreidimensionalen Formen. Die deutsche Automobilindustrie weiß das zu schätzen. Die Kunststofflackierer aus Ottendorf sind unter anderem Zulieferer für Audi, VW, BMW, Skoda, Porsche und Opel. Hans Jürgen Kagerer ist überzeugt davon, dass überhaupt nur Innovation und technischer Höchststand das Unternehmen am Markt halten können. Es ist deutlich schwerer geworden für deutsche Autozulieferer. „Der Markt hat sich radikal verändert“, erklärt der 55-Jährige. Die Hersteller sitzen heute in Brasilien, Russland, Indien oder China. „Vor zehn Jahren wäre das noch undenkbar gewesen.“

Deswegen steckt Kagerer alles, was geht, in Forschung und Entwicklung. „Wir forschen, um bestehen zu können“, sagt er. „So einfach ist das.“ Er hat sich Partner gesucht am Dresdener Leibnitz-Institut, bei Fraunhofer-Forschern und an der Technischen Universität. Es geht um Elektronenstrahltechnologie, um Polymere, um Lackhärtung. Die Forschungspartner waren sogar maßgeblich an einem Projekt zur Restaurierung der chinesischen Terrakotta-Armee beteiligt. Und an der Entwicklung leichter Beschichtungen für Smartphonegehäuse. Beides hat zwar Prestige gebracht, erzählt Kagerer, aber bisher noch keine Umsätze. Er zuckt mit den Schultern. Manches dauert eben länger. Die Audi-Teile sind fertig lackiert. Die nächsten vollbestückten Ständer stehen schon bereit. Es sind Teile für den Passat-Nachfolger. Das neue Modell ist noch längst nicht auf dem Markt. Aber die Zulieferer brauchen Vorlaufzeiten. „In so einem neuen Auftrag steckt auch sehr viel Entwicklungsarbeit“, sagt Kagerer. Er erkundigt sich bei den Kollegen, wie es läuft. Die sind zufrieden. Auch mit der Logistik in der Produktionshalle. Es muss einer ja erst mal hinkriegen, auch noch eine aufwendige Neuentwicklung zwischen die 20 aktuellen Aufträge zu packen – zeitgleich in einer Halle.