Von Ralph Schermann
Auch nach Abschluss der 15-teiligen Serie über den 17. Juni 1953 in Görlitz (SZ vom 10. Juli) treffen weiterhin Erinnerungen und Berichte von Lesern in der Redaktion ein. Wir danken allen, die damit unser Archiv für künftige Veröffentlichungen komplettieren.
Wichtig als sofortiger Nachtrag sind Hinweise, die uns am Sonnabend von Helmut Hoferichter erreichten. Er informierte, „wenn nötig mit eidesstattlicher Erklärung“, dass am 17. Juni 1953 in Görlitz keinerlei Angriff auf die FDJ-Kreisleitung Görlitz-Stadt erfolgte, deren Erster Kreissekretär er damals war. „Das Büro befand sich übrigens auf der Otto-Müller-Straße gegenüber der damaligen Arbeiter-und-Bauern-Fakultät (ABF).“ Wie bereits berichtet, hatten sich auch ABF-Studenten damals den Demonstranten entgegengestellt. „In der FDJ-Kreisleitung waren wir den ganzen Tag über vor Ort, zu uns ist damals niemand gekommen“, erinnert sich Helmut Hoferichter, der von den Vorgängen in der Stadt informiert war. „Allerdings gab es keinerlei offizielle Vorinformation, mich hatte früh lediglich der FDJ-Sekretär des Waggonbaus angerufen.“ Aus zahlreichen Gesprächen weiß Hoferichter zudem, dass „auch die FDJ-Kreisleitung Görlitz-Land auf dem Otto-Buchwitz-Platz und auch das Pionierhaus Mühlweg vollständig in Ruhe gelassen wurden.“ Letzteres dürfte auch deshalb stimmig sein, weil sich das noch kleine Pionierzentrum inmitten von Dienststellen der sowjetischen Besatzungsmacht befand, die damals nachweislich nicht angegriffen wurde. Somit sind alle entsprechenden Angaben von „Erstürmungen von FDJ-Kreisleitung, Pionierhaus und DSF (damals ebenfalls nahe der ABF auf der Otto-Müller-Straße – d.Red.) falsch.“ Diese Angaben wiederum basieren auf Publikationen der Historikerin Heidi Roth. Ferner waren für die SZ-Zusammenfassung auch Zeitzeugenaussagen relevant, die allerdings bei genauerer Betrachtung in Sachen FDJ höchstwahrscheinlich lediglich Hörensagen weitergaben.
Verwechslung mit dem Görlitzer Kreisheim?
Was allerdings auch möglich ist, sind Verwechslungen zwischen FDJ-Kreisleitung und FDJ-Kreisheim (Jugendherbergen). Solche Heime gab es 1953 im Schönhof und in der Ochsenbastei. Zumindest die Einrichtung im Schönhof ist „von den Demonstranten besetzt und das Mobiliar demoliert“ worden, bestätigt Helmut Hoferichter.
Einige Leser wiesen darauf hin, dass der Vermerk auf durch Initiative von DDR-Präsident Wilhelm Pieck errichteten neuen Betrieben mit der alleinigen Produktangabe „Elektroschaltgeräte“ missverstanden werden kann. Das stimmt, suggeriert dies doch den Namen „VEB Elektroschaltgerätewerk (ESG)“. Gemeint war hierbei natürlich der „VEB Kondensatorenwerk Görlitz (Koweg)“ an der Uferstraße, später auch an der Landeskrone.
Schließlich sei noch mit einem Schmunzeln angemerkt, wie sich manche Journalisten in den alten Bundesländern ihnen unklare DDR-Begriffe ohne Nachfrage zurechtbiegen. Der „Wiesbadener Kurier“ griff zwar auf SZ-Material zum 17. Juni 1953 zurück, versuchte aber recht eigenwillig, seinen Lesern die Funktionen eines „Abschnittsbevollmächtigten der Volkspolizei“ zu verdeutlichen. Aus Sicht der hessischen Redaktion war der ABV demzufolge „der Görlitzer Polizei-Chef“. Auch das noch . . .