Kein Verein will aufsteigen

Es hätte alles so schön werden können. In der Fußball-Landesliga hatte mit dem souveränen Spitzenreiter SV Einheit Kamenz wenigstens ein Verein für die ungeliebte NOFV-Oberliga gemeldet, und nicht wenige Sachsenligisten freuten sich auf den „Freitaler Großverein“, der 2020/21 in der Landesliga als Aufsteiger an den Start gehen wollte. Doch die Corona-Krise hat den Amateurfußball bis ins Rückenmark getroffen. Die Vereine stehen finanziell mit dem Rücken an die Wand.
Gelder, die heutzutage in nicht unerheblicher Höhe auch in der 6. Liga fließen, werden zukünftig nicht mehr aufgerufen werden. „Das Bild der Landesliga wird sich verändern“, glaubt auch Frank Rietschel, Trainer des Tabellenführers Einheit Kamenz. Inzwischen gehen wohl alle Vereine davon aus, dass die Saison nicht mehr zu Ende gespielt wird. „Wir haben elf Punkte Vorsprung, sind ungeschlagen, aber so wollen wir den Titel nicht haben“, sagt Rietschel und schlägt „eine kleine Relegationsrunde“ vor, falls diese bis zum 30. Juni gespielt werden könnte. „Dann tritt der Erste gegen den Vierten und der Zweite gegen den Dritten an, und die beiden Sieger bestreiten ein Meisterschaftsendspiel. Wir sind Sportler, wir wollen den Wettkampf.“
Aufsteigen werden die Kamenzer allerdings nicht, nachdem sie schon für die Oberliga-Saison 2020/21 beim Nordostdeutschen Fußball-Verband (NOFV) gemeldet hatten. „Das finanzielle Risiko wird zu groß“, sagt Präsident Thorsten Edelmann. „Die Corona-Krise spielt eine nicht unerhebliche Rolle bei diesem Schritt.“
Doch wie weiter nach einem Saison-Abbruch? Der Sächsische Fußball-Verband (SFV) prüft verschiedene Varianten. Durchaus möglich, dass es keine Absteiger geben wird. Dann würde Neuling SG Motor Wilsdruff die Chance erhalten, ein zweites Jahr in der Sachsenliga zu spielen. Trainer Paul Rabe lässt keinen Zweifel daran, dass der Verein diese Chance beim Schopf packen würde: „Stand jetzt, würden wir wieder antreten. Es bleibt aber abzuwarten, wie unsere Sponsoren durch die Krise kommen. Derzeit sind wir aber sehr optimistisch.“
Die Frage, ob es Aufsteiger aus der Landesklasse, deren Saison ebenfalls unmittelbar vor dem Abbruch steht, geben wird, ist auch noch nicht entschieden. Thomas Hentschel, Trainer von Budissa Bautzen, sieht das ganz pragmatisch: „Es gibt aktuell jeweils einen Spitzenreiter in den vier Landesklasse-Staffeln. Sind diese Vereine bereit, aufzusteigen, dann sollte der SFV das genehmigen. Ich sehe kein Problem darin, die folgende Saison mit 18 oder 20 Mannschaften zu spielen.“ Und das würde dem Hainsberger SV in die Karten spielen, denn die Mannschaft von Trainer Knut Michael führt bekanntlich die Landesklasse Mitte an. Die geplante Fusion mit dem FV Blau-Weiß Stahl Freital und der SG Motor Freital sah den Aufstieg in die Landesliga ohnehin als sportliche Zielstellung vor.
Doch auch hier könnte die Corona-Pandemie noch einen dicken Strich durch die Rechnung machen. Die entscheidende Mitgliederversammlung zur Verabschiedung der Fusion musste abgesagt und auf unbestimmte Zeit verschoben werden. Lutz Niebel, Präsident von Stahl Freital, sagt dazu: „Leider können wir da zum jetzigen Zeitpunkt immer noch nichts Konkretes mitteilen. Wir arbeiten an einer Lösung, haben mehrere Szenarien entwickelt. Inwieweit ein Szenario dann auch umgesetzt werden kann, hängt von der weiteren Entwicklung der Pandemie-Situation und den Entscheidungen der staatlichen Institutionen ab.“