Von Manfred Müller
Tina Woide aus Gröditz kann sich durchaus vorstellen, später einmal mit Arbeitshandschuhen und Schutzbrille an einer Chemieanlage zu hantieren. Der Blaumann eines Anlagenfahrers - pardon, einer Anlagenfahrerin - würde sie nicht stören. Ebenso wenig der Schutzhelm, der bei Wacker-Chemie Pflicht ist. Die 14-Jährige ist zum Girls‘ Day gekommen, um sich im Chemiebetrieb über Ausbildungsmöglichkeiten für Mädchen zu informieren.
Stefanie Balzer (15) und ihre Freundin Susan Albrecht (14) aus Riesa ziehen den weißen Kittel einer Laborantin vor. Mit Note 2 im Chemieunterricht stünden ihre Chancen, einen der begehrten Ausbildungsplätze zu ergattern, gar nicht schlecht. Noch bleibt den Schülerinnen ein Jahr Zeit, sich mit dem Anforderungs-Paket der Wacker-Leute an die künftigen Azubis vertraut zu machen. Das hat es in sich. Nicht nur Einsen oder Zweien in den Naturwissenschaften, auch ein scharfer Blick und handwerkliches Geschick sind gefragt. Und Teamfähigkeit. Und Sinn für sorgfältiges Arbeiten. „Aber den haben Mädchen sowieso eher als Jungen“, macht Personalbetreuerin Doris Wiedemann ihnen Mut.
44 Schülerinnen zwischen 14 und 16 haben sich auf Einladung von Arbeitsamt und Wacker eingefunden, um sich in die Geheimnisse der Silikon-Chemie einweihen zu lassen. Das ist das Anliegen des Girls‘ Days: Die Chancen für Mädchen in männlich dominierten Berufen auszuloten. Die Wackerianer haben kein Problem damit – mehr als zwei Drittel der 900 Beschäftigten sind Frauen. Seltsamerweise ging die Entwicklung in den vergangenen Jahren in die Gegenrichtung. Immer mehr Jungs interessierten sich für den einst typischen Frauenberuf Laborant.
Einen Frauenbonus gibt es bei Wacker übrigens nicht. Es zählen schulische Leistungen und die Ergebnisse eines Bewerbungstests. Wenn die Mädchen diese Hürde nehmen, können sie sicher sein, dass man sie nicht im Regen stehen lässt. „Wir sind eine richtig gute Truppe und helfen uns, wo wir können“, schwärmt Susann Eiselt vom achtköpfigen Azubi-Team des ersten Ausbildungsjahres.