Regine Schlesinger
Urlaubszeit ist Reisezeit. Auch in diesem Sommer werden sicher wieder Tierfreunde irgendwo im Ausland ihr Herz an einen herrenlosen Hund verlieren und ihn am liebsten mit nach Hause bringen wollen. Amtstierärztin Benita Plischke vom Landratsamt in Pirna rät aber dringend davon ab – und das aus mehreren Gründen.

Frau Plischke, warum sollten Urlauber davon Abstand nehmen, sich ein Tier aus dem Ausland mitzubringen?
Sich auf eigene Faust einen Hund aus dem Urlaub mitzubringen, ist nicht nur verboten, sondern kann auch für Menschen gefährlich werden. Manche Hunde tragen Zoonoseerreger, also Infektionen, die von Tier zu Mensch übertragbar sind, in sich. Das sieht man ihnen nicht an. Die Tollwut zum Beispiel ist zwar in Deutschland erfolgreich bekämpft, aber dennoch in einigen EU-Ländern präsent.
Aus welchen Ländern sind Tollwutfälle bekannt geworden?
In Rumänien, Polen und der Slowakei sind in diesem Jahr neue Tollwutfälle registriert worden. In Rumänien sind es bisher 24 und in Polen 50. Aus der Slowakei sind bislang zwei Fälle bekannt geworden. Tollwut bei Menschen, ist sie erst einmal ausgebrochen, führt unweigerlich zum Tod des Patienten. Die Tollwut ist daher auch eine anzeigepflichtige Tierseuche und wird staatlich überwacht und bekämpft.
Welche unerkannten Krankheiten können die Tiere noch mitbringen?
Sie können auch die Brucellose mitbringen, ebenfalls eine gefährliche Zoonose. Diese durch Bakterien verursachte Krankheit kann durch Sekrete, Urin und Kot auf den Menschen übertragen werden und tritt in letzter Zeit vermehrt bei Hunden aus Bulgarien und Rumänien auf. Sie wurde aber auch schon bei Hunden aus Ungarn festgestellt. Die Symptome beim Menschen sind unspezifisch, können sich aber auch in einer Entzündung der Geschlechtsorgane manifestieren. Staatlich bekämpft wird diese Krankheit nur bei landwirtschaftlichen Nutztieren. Beim Hund verlaufen die Infektionen häufig im Verborgenen. Es kann zu Aborten kommen oder Entzündungen der Hoden. Tiere aus südlichen Ländern können auch von Parasiten befallen sein, die für die einheimischen Hunde eine ernste Gefahr darstellen. Wir raten daher davon ab, Hunde aus dem Ausland mitzubringen.
Unter welchen Umständen ist es trotzdem möglich, Tiere aus anderen EU-Ländern nach Deutschland zu bringen?
Tiere aus anderen EU-Staaten dürfen nur nach Deutschland gebracht werden, wenn sie eindeutig per Chip gekennzeichnet sind, für sie ein gültiger, blauer EU-Heimtierpass existiert und sie eine belastbare Tollwutimpfung erhalten haben. Eine solche Tollwutimpfung kann ein Welpe erst im Alter von 15 Wochen haben, da Welpen frühestens mit 12 Wochen gegen Tollwut geimpft werden dürfen. Vor Einfuhr eines Tieres nach Deutschland sind unbedingt noch im Herkunftsland die entsprechenden Untersuchungen und Impfungen für das amtstierärztliche Gesundheitszeugnis durchzuführen. Das ist unter Umständen mit nicht unerheblichen Kosten verbunden. Auch das sollten Tierfreunde bedenken.
Sind sie auf der sicheren Seite, wenn sie ein Tier aufnehmen, dass von einer der Tierschutzorganisationen ins Land geholt wurde?
Es stimmt, einige Tierschutzorganisationen haben sich der Verbesserung der Situation der Hunde in den Balkanstaaten verschrieben, indem sie Tiere nach Deutschland holen, um sie hier in ein neues Zuhause zu vermitteln. Aber auch dabei treten Risiken auf, die Interessenten nicht außer Acht lassen sollten. Wenn solch ein Tier erworben werden soll, ist dringend darauf zu achten, dass alle notwendigen Gesundheitszeugnisse bzw. Impfnachweise vom Verkäufer vorgelegt werden und die Tierschutzorganisation eine Genehmigung des zuständigen Veterinäramtes besitzt. Das Tier muss beim Transport zudem von einem Traces- Attest begleitet sein.
Was für ein Attest ist das?
Das System Traces richtet eine einheitliche zentrale Datenbank ein, mit der die Transporte von Tieren und bestimmten Erzeugnissen tierischen Ursprungs innerhalb der EU sowie von Tieren und Erzeugnissen aus Ländern außerhalb der EU verfolgt werden können. Damit sollen unter anderem der Umfang und die Qualität der Informationen über den Transport von Tieren verbessert werden.
Sind Ihnen Fälle aus dem Landkreis bekannt, bei denen durch das tierische Urlaubsmitbringsel Krankheiten ausgelöst wurden?
Aus dem Landkreis zum Glück noch nicht. Aber es gab in jüngerer Vergangenheit in Deutschland und den Niederlanden zwei Fälle, bei denen Urlauber Welpen aus Marokko bzw. Bulgarien mitgebracht hatten, bei denen die Tollwut festgestellt wurde. Zum Glück konnten alle, die mit den Tieren Kontakt hatten, noch rechtzeitig geimpft werden. Aber für so einen glimpflichen Ausgang gibt es keine Garantie.