SZ +
Merken

Kinderheim nimmt jetzt auch Säuglinge auf

Für Jason ist Spielzeit. Der einjährige Zwerg sitzt am Tisch und hantiert mit einem großen Stift auf einer Malunterlage. Zwischenrein dudeln Melodien aus einem bunten Plastik-Häuschen. Kristin Poitz beobachtet den Kleinen, schiebt ihm Spielzeuge zu, lächelt ihn an.

Teilen
Folgen

Von Jörg Stock

Für Jason ist Spielzeit. Der einjährige Zwerg sitzt am Tisch und hantiert mit einem großen Stift auf einer Malunterlage. Zwischenrein dudeln Melodien aus einem bunten Plastik-Häuschen. Kristin Poitz beobachtet den Kleinen, schiebt ihm Spielzeuge zu, lächelt ihn an. Sie versucht, wenigstens ein bisschen die Mutter zu ersetzen.

Jason lebt im DRK-Kinderheim in Dorfhain. Neuerdings nimmt die Einrichtung auch Säuglinge auf. Drei Plätze für Kinder unter drei Jahren wurden hier eingerichtet. Der Bedarf steigt, sagt Heimchefin Sybille Clemens. Warum, das weiß sie nicht genau. Sie glaubt, dass die Erziehungsfähigkeit der Eltern abnimmt. Und wahrscheinlich schauen die Behörden jetzt auch genauer hin, sagt sie, nach all den Fällen von Kindesmisshandlung, die durch die Medien gingen.

Im Dorfhainer Kinderheim, eingerichtet in der einstigen Villa des Fabrikanten Gustav Geißler, hat sich in letzter Zeit viel verändert. Mit Sybille Clemens gibt es nach fast zehn Jahren eine neue Leiterin. Die 48-jährige gelernte Kinderkrankenschwester und langjährige Kita-Erzieherin in Höckendorf hat vorigen Sommer das Ruder übernommen. Sie will das bisher recht abgeschottete Haus mehr in die Öffentlichkeit bringen und Vorurteile abbauen. „Viele Bürger wissen gar nicht, dass es uns gibt“, sagt sie.

Zur Aufklärung trug der Tag der offenen Tür im Juni bei. Viele Partner aus dem Ort brachten sich ein, darunter Seniorenclub und Kinderförderverein und die Feuerwehr. Etwa 250 Gäste wurden gezählt. Der Besuchstag soll nun jedes zweite Jahr stattfinden und Frau Clemens hofft, dass sich die Zusammenarbeit mit den Vereinen und der Gemeinde weiter gut entwickelt.

Im Heim selbst waren jetzt häufig Bauleute am Werk. Ein Anlass dafür war die Einrichtung der Betreuungsplätze für die Kleinkinder. So wurde ein Bad im Obergeschoss neu eingerichtet. In vielen Zimmern wurde gemalert und neuer Fußboden verlegt. Diese Arbeiten sollen bei nächster Gelegenheit fortgesetzt werden. Völlig renoviert wurde auch der Keller, wo sich Therapie-, Werkstatt- und Fitnessräume befinden sowie die hauseigene Waschküche. Hier ging es vor allem um die Beseitigung von Feuchteschäden. Um dauerhaft Abhilfe zu schaffen, wurden Lüfter installiert. Allein dieses Jahr hat das DRK in Dorfhain 60000 Euro verbaut.

Viel Platz für Konfliktabbau

Ein Kinderheim zu unterhalten, ist eine teure Angelegenheit. Allein wegen des Kleinkinderzuwachses musste in Dorfhain eine zusätzliche Haushälterin eingestellt werden. Sybille Clemens sieht ihre Hauptaufgabe darin, das Haus „am Markt“ zu halten, wie sie sagt. Die Sparzwänge werden auch den Betreuungssektor nicht verschonen, meint sie. Noch wisse man aber nicht, wie sich die knapperen Kassen auswirken werden.

Für das Heim ist vor allem eine gute Auslastung wichtig. Ob und wo Kinder in Heimen betreut werden, entscheidet das Jugendamt, möglichst gemeinsam mit Eltern und Kindern. Wichtig dabei sind die Konzepte der Einrichtungen und die örtlichen Gegebenheiten.

Sybille Clemens sieht den Standort Dorfhain gut gerüstet. Bislang gibt es keine Auslastungs-Sorgen, sagt sie. Das Jugendamt bescheinige ihrem Team eine gute Arbeit. Die Lage des Hauses findet Frau Clemens ideal – Ruhe und Raum zum Abbau von Konfliktpotenzialen. „Hier können die Kinder agieren, ohne unnötig eingeengt zu sein.“