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Kindermord in Dresden: Verteidiger spricht von Affekt

Im Prozess um den Tod zweier Kinder in Dresden gab es am Freitag das Plädoyer des Verteidigers. Auch Laurent F. kam noch einmal zu Wort.

Von Alexander Schneider
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Anfang Februar hat der Prozess gegen Laurent F. begonnen. Der 56-Jährige, hier mit seinem Verteidiger Andreas Boine (r.) soll im Mai 2019 seine beiden Kinder ermordet haben.
Anfang Februar hat der Prozess gegen Laurent F. begonnen. Der 56-Jährige, hier mit seinem Verteidiger Andreas Boine (r.) soll im Mai 2019 seine beiden Kinder ermordet haben. © Roland Bonss

Dresden. Im Doppelmordprozess um den Tod zweier Kinder fordert Verteidiger Andreas Boine, seinen Mandanten wegen Totschlags zu verurteilen. Er geht davon aus, dass sich der 56-jährige Angeklagte Laurent F. in einer psychischen Ausnahmesituation befunden habe, die sich in den Tagen vor der Tat weiter zugespitzt habe. Zumindest habe sein Mandant das so empfunden.

F. selbst hat in seinem letzten Wort am Freitag am Landgericht Dresden von "Mord" gesprochen, für den er die Verantwortung übernehmen werde.

Nach Überzeugung der Anklage hat F. am 9. Mai vergangenen Jahres seine beiden zwei und fünf Jahre alten Kinder erwürgt und anschließend versucht, auch seine getrennt von ihm lebende Ehefrau, eine 27-jährige Senegalesin, zu ermorden. Tatort war das Haus des Angeklagten in der Stetzscher Straße in Dresden.

Staatsanwalt Till von Borries hatte bereits am Dienstag die höchst mögliche Strafe für den Angeklagten gefordert: eine lebenslängliche Freiheitsstrafe mit der Feststellung der besonderen Schwere der Schuld, die eine vorzeitige Entlassung aus der Haft verhindert. Von Borries sagte, F. habe den Mord seiner Kinder vorbereitet und regelrecht inszeniert. Auch seine Frau habe er gezielt in die Falle gelockt. F. habe es nicht ertragen, dass sich die deutlich jüngere Frau, die er 2013 im Senegal geheiratet hatte, ihn verlassen habe. Der ganze Tag sei anhand von rekonstruierten Telefonaten, Videoaufnahmen und Zeugenaussagen gut dokumentiert.

Tat im Affekt

Eine psychische Ausnahmesituation, die zu einer verminderten Steuerungsfähigkeit oder gar zu einer Feststellung der Schuldunfähigkeit führen könnte, konnte der Staatsanwalt nicht erkennen. Auch Verteidiger Boine machte in seinem Plädoyer diese strafrechtlichen Besonderheiten nicht geltend. Allerdings sprach er von einer Tat im Affekt.

Dieser Affekt habe sich über Monate aufgebaut und krisenhaft zugespitzt. Schon 2018, nachdem ihn seine Frau verlassen hatte, sei F. beim sozialpsychiatrischen Dienst vorstellig gewesen, weil er im Arbeitsamt laut geworden war. Anfang 2019 sei er wieder dort gewesen. Sein Mandant habe in seiner eigenen Welt gelebt und habe nicht erkannt, dass etwa auch die Entscheidung des Familiengerichts wenige Tage vor der Tat, in seinem Sinne gewesen ist.

Das Gericht habe den Umgang mit den Kindern durchaus im Sinne des Angeklagten entschieden und selbst seine Frau habe sich dafür eingesetzt, dass F. die Kinder regelmäßig haben könne.

Dennoch sagte F. in seinem Prozess, er habe diese Entscheidung als "Amputation" empfunden. Anders als der Staatsanwalt geht der Verteidiger davon aus, dass F. geplant hatte, auch sich selbst zu töten. So habe er sich von Freunden verabschiedet, sich von einem Teil seines Eigentums getrennt und noch am Tattag sein Auto verkauft.

Es sei eine "Besonderheit seines Charakters" seine Frau übermäßig zu kontrollieren und zu dominieren, sagte Boine. Von außen betrachtet sei das auch richtig, doch F. selbst habe das nicht so empfunden. Er habe eine Familie haben wollen, für die er das Beste wollte. Zur Tat selbst sei es gekommen, weil F. habe bestimmen wollen, was passiert. "Er hat nicht akzeptiert, dass andere über ihn bestimmen."

Boine plädierte auf eine Freiheitsstrafe wegen Totschlags in zwei Fällen, stellte das konkrete Strafmaß jedoch ins Ermessen des Schwurgerichts. Das Gericht wird das Urteil  am Dienstag, 26. Mai, verkünden.