Kippt Mitteldeutschland höhere Rundfunkbeiträge?

Wenn sächsische Medienpolitiker am Montag zu einer Expertenanhörung im Landtag zusammenkommen, geht es um knifflige Details. Der Staatsvertrag zur Modernisierung der Medienordnung in Deutschland sieht etwa die Flexibilisierung der Werbezeiten für nationale Anbieter vor. Welche Regelungen kann das Land aber für lokale Sender treffen? Es geht um Übertragungen von Gottesdiensten, Deregulierung von Streamingangeboten und Suchmaschinen, die Medieninhalte präsentieren.
Das alles zeigt: Die über Jahrzehnte weitgehend unveränderte Medienlandschaft wird ziemlich durchgepflügt. Das Internet wirft Fragen auf. Was wird wie verbreitet? Wie stark sind Fernseh- und Radiosendungen in einem klassisch geordneten Sendeschema noch gefragt. Und natürlich: Was soll das kosten? Die Beiträge für ARD, ZDF und Deutschlandradio sind zwar kein Teil des Staatsvertrags, mit dem sich der Medienausschuss des Parlaments in der kommenden Woche befasst. Heiß diskutiert werden sie allemal.
Denn noch in diesem Jahr müssen sich alle 16 Länderparlamente mit einer Beitragserhöhung befassen, die in einem anderen Vertrag geregelt wird. Die Länderchefs haben bei der Enthaltung von Reiner Haseloff (CDU, Sachsen-Anhalt) der Anhebung zugestimmt. Ab 2021 sollen 18,36 statt 17,50 pro Monat und Haushalt fällig werden. Das Besondere daran: Alle Parlamente müssen zustimmen, damit die von einer unabhängigen Kommission empfohlene Erhöhung in Kraft treten kann. Möglicherweise bringen mitteldeutsche Ländervertretungen das Procedere ins Wanken und erzwingen dann eine gerichtliche Auseinandersetzung.
Forderung: Wegen Corona Erhöhung aussetzen
Nachdem sich die CDU in Sachsen-Anhalt im Jahr vor der Landtagswahl ablehnend zeigte, kommen auch aus Thüringen skeptische Töne. CDU-Fraktionschef Mario Voigt sieht unter anderem den Zeitpunkt der Erhöhung als falsch an. „Wir sollten gerade jetzt den Leuten nicht noch tiefer in die Taschen greifen“, mahnte er in der Thüringer Allgemeinen. In Sachsen hat sich die CDU-Fraktion noch nicht positioniert, wie Sprecher Christian Fischer sagte. Eine Klausur wurde wegen der Corona-Pandemie nicht einberufen.
Im vergangenen Jahr hatte die Fraktion ein Positionspapier veröffentlicht, in dem sie sich zu den Öffentlich-Rechtlichen bekennt, aber auch mit einem Nein zu höheren Beiträgen droht: „Solange es keine Anpassung der Auftragsbeschreibung an die heutigen Medienbedürfnisse und das digitale Nutzungsverhalten der Bevölkerung gibt, kann das Finanzierungsmodell nicht beschlossen werden.“
Druck kommt auch aus den Reihen der Bundestagsabgeordneten der Union. Zum Wochenanfang schrieb eine Gruppe aus CDU- und CSU-Parlamentariern einen Brief an die Ministerpräsidenten: „Während in Betrieben und Privathaushalten durch die Corona-Pandemie gespart werden muss, darf der Rundfunkbeitrag nicht erhöht werden.“ Zu den Unterzeichnern zählt der aus Mecklenburg-Vorpommern stammende CDU-Haushaltsexperte Eckhardt Rehberg.
Dass die Bedenken vorwiegend in ostdeutschen Ländern laut vorgetragen werden, ist kein Zufall. Hier ist die AfD stark. Sie hat sich bereits unter der früheren Chefin Frauke Petry vom Öffentlich-Rechtlichen distanziert. Das AfD-Grundsatzprogramm strebt die Umwandlung in eine Art Bezahlfernsehen an. Im Gegensatz zur AfD lehnt die CDU, die in zwei der drei mitteldeutschen Ländern die Ministerpräsidenten stellt, das System nicht ab. Die Länderchefs drängen aber auf Selbstverpflichtungen der Sender zum weiterem Sparen und hoffen auf Jobs durch Standortverlegungen in den Osten.