Von Reinhard Kärbsch
Wenn heute Nachmittag die Restaurationsmaler zum letzten Mal in diesem Jahr die Farbtöpfe schließen und die Pinsel auswaschen, erahnen sie vielleicht nur, was sie seit August in der Klosterkirche von Sankt Marienstern getan haben. „Wir arbeiten ja, wir zählen nicht“, meint der Chef Jens Müller. Der Malermeister und Restaurator im Malerhandwerk, so seine exakte Berufsbezeichnung, hat es dennoch zum Jahresabschluss und zum Ende des ersten Teils dieses Auftrags getan (siehe Kasten).
Flächen mehrmals behandelt
„Umgerechnet über 360 Quadratmeter allein die Fugenmalerei, über zwei Tonnen Farbe mit Pinsel oder Bürste per Hand aufgetragen, das ist schon was.“ Er staunt selbst ein bisschen. Von Anfang an habe man aber gewusst, dass die Fugen das zeitlich Aufwendigste aller Arbeiten sind. Ganz am Anfang stand allerdings das Säubern der Gewölbe- und Wandflächen, der Pfeiler und Bögen. Ruß, Staub und sonstiger Schmutz, der sich seit der letzten Restaurierung in den 60er Jahren angesammelt hatte, war mit Wasser und Schwamm Stückchen für Stückchen abzuwaschen. Vier- bis fünfmal musste dabei über eine Fläche gegangen werden – bei insgesamt rund 2 800Quadratmeter im weißen Bereich. „Der weiße Kalkanstrich wird abgedünnt, sagen wir Fachleute“, erläutert Müller. Mitunter stoße man auf zehn vorherige Anstriche.
Gute tragfähige Unterlage
„Wir müssen dabei auf eine für die neue Farbe tragfähige Unterlage kommen. Und das letzte schwarze Partikelchen wird herausgelöst. Passiert das nicht, leidet darunter die Beständigkeit des neuen Farbüberzugs.“ Er soll ja mehrere Jahrzehnte halten. Deshalb werde nach dem Abwaschen noch einmal mit einem trockenen Fliesschwamm die Oberfläche aufgeraut. Im roten Bereich waren 2400 Quadratmeter derart zu behandeln. „Wir hatten in dieser Phase zwischen Ende August und Oktober acht Mann vor Ort, darunter zwei Putzer“, erklärt er weiter. Putzschäden, Risse und Verwerfungen müssen natürlich beseitigt werden.
Für den Außenstehenden sind diese Arbeiten vielleicht nicht besonders interessant, für Müller und seine Mitarbeiter schon. „Jede Kirche hat ihre besondere Handschrift nicht nur durch die architektonische Gestaltung oder ihre künstlerischen Ausstattung, sondern auch durch die Farbigkeit und sogar die Untergründe.“ Man könne anhand der Kalkanstriche auf die jeweilige wirtschaftliche Lage der Kirchgemeinde, ihres Reichtums oder ihrer Armut, schließen. „Und ich erkenne, wie früher meine Kollegen gearbeitet haben, wie sie ihr Handwerk beherrschten, wie sie sich darstellten. Das ist faszinierend. Derartiges festzustellen, ist für mich ein Teil der Berufserfüllung“, sagt der 36-jährige junge Mann, der als Malermeister nach einer weiteren Qualifikation in Fulda und Praktikum in Venedig sich 1999 selbstständig machte. Heute beschäftigt er in seinen Filialen in Meißen und Jiedlitz elf Personen.
Auch das Auftragen der Farbe war eine aufwendige Geschichte – und nur Handarbeit. Die einzigen Hilfsmittel sind bei diesen denkmalpflegerischen Restaurierungen nur Bürsten und Pinsel. Die weiße Kalk- wie ziegelrote Silikatfarbe waren jeweils zweimal aufzutragen – in dünnen Schichten und mitunter in einer besonderen Art, dem Kreuzschlag. Jens Müller erläutert: „Dadurch wird der Farbauftrag und die Haltbarkeit besser. Aber das wussten auch schon unsere Vorgänger. Nur muss man es immer wieder tun.“
Fleißige Maler bis zuletzt
Übrigens, der Unterschied zwischen gereinigter und verschmutzter Fläche lässt sich noch ausmachen. Im Eingangsbereich des Gotteshauses kann die fast schwarze Gewölbe- beziehungsweise Wandfläche betrachtet werden. Dieser Teil kommt ab 7. Januar 2008 unter die künstlerischen Hände der Müller-Mitarbeiter. Dann beginnt Teil zwei des Auftrages.
Er wird mit seinen Leuten ziemlich zuletzt das Feld räumen. Noch wird das Kirchenklima erforscht, danach die optimale Heizung installiert. Und dann muss wohl noch einmal der Maler kommen.