Von Frank Thümmler
So sieht er also aus, der Mann, der mit dem Klischee des immer aus Polen oder Tschechien stammenden Einbrechers und Diebes im Dreiländereck kräftig aufgeräumt hat. Daniel Spon*, heute 40 Jahre alt, rund 1,70 Meter groß, schlank mit einem Kinnbart, kurze Haare, ergrauende Schläfen, bekleidet in Jeans. Die Wetterjacke zieht er nicht aus, nur die Schirmmütze setzt er ab. Spon ist verheiratet, lebt mit seiner Frau und einem Kind in einem schicken Zittauer Einfamilienhaus. Der Mann arbeitet als Bäcker bei einem Verwandten. Bei dem Wenigen, was er sagt, wird deutlich, dass sein Sprachschatz nicht ganz klein ist.
Und dieser Deutsche hat eine Serie von 63 Einbrüchen in Zittau, Olbersdorf, Jonsdorf, Hörnitz, Eckartsberg, Oybin, Bertsdorf, Niederoderwitz und Mittelherwigsdorf begangen. Deshalb muss er sich seit gestern vor dem Landgericht Görlitz verantworten. Staatsanwalt Rochus Gun benötigt für die Verlesung der Anklageschrift geschlagene 50 Minuten, obwohl er sich als Schnellsprecher versucht. Penibel listet er 63 Einbrüche zwischen Juli 2007 und März 2011 auf. Mit Adresse und Namen der Opfer, Zugangsweg des Einbrechers in das jeweilige Objekt, gestohlenen Sachen, deren Wert und dem Schaden, der durch den Einbruch verursacht wurde.
Die Opfer waren größtenteils Privatpersonen, unter ihnen ein Bürgermeister und Ärzte, aber auch einige Firmen. Eingedrungen ist Spon über Kellerfenster, Fenster, Terrassentüren, Hintereingänge, Dachfenster oder auch mit einem Zweitschlüssel. Gestohlen hat er Computertechnik, Unterhaltungselektronik, Spiele, Bargeld, Schmuck, Werkzeug, auch mal Münz- oder Briefmarkensammlungen oder Waffen – alles, was aus seiner Sicht von Wert und nicht niet- und nagelfest war.
Alle Vorwürfe eingeräumt
Addiert man die vom Staatsanwalt genannten Zahlen, kommt man auf 255 809 Euro Wert des Diebesgutes und 48 431 Euro Schaden, der bei den Einbrüchen verursacht wurde. Als Einbrecher ermittelt wurde Spon erst nach vier Jahren – wenn man davon ausgeht, dass der erste angeklagte Einbruch auch der tatsächlich erste begangene war. Die SZ hatte 2011 berichtet, dass Spon Computer, die er gestohlen und verkauft hatte, zum Verhängnis wurden. Die Polizei konnte über die ID-Nummern und Internetdaten die ahnungslosen Käufer ermitteln. Die Spur führte dann schnell zu Spon, bei dem jede Menge Diebesgut gefunden wurde. Vieles davon konnte den Opfern zugeordnet werden.
Richter Thomas Fresemann betont, dass die angeklagte Einbruchsliste auf den Geständnissen des Angeklagten im Ermittlungsverfahren beruht. Vor Gericht lässt Spon von seinem Verteidiger erklären, dass er alle Vorwürfe einräumt, bis auf einen. In diesem Fall bestreitet er nicht den Einbruch an sich, sondern die Summe des erbeuteten Bargeldes. Laut Anklage soll er 31 200 Euro gefunden und mitgenommen haben. Eine so große Summe habe er aber nie gefunden, bis 3000 Euro seien wahrscheinlich, alles über 5 000 Euro schließe er aus, lässt er erklären. Er habe das Bargeld verbraucht und die gestohlenen Sachen in seinem Haus in Zittau gehortet, fast nichts verkauft. Die Waffen habe er in einem verschlossenen Waffenschrank aufbewahrt. Große Teile des Diebesgutes wurden wieder aufgefunden. Sein Verteidiger betont, dass Spon mit der Wiedergutmachung begonnen habe. Mit vier Versicherungen gebe es schriftliche Vereinbarungen, über die der Angeklagte versucht, die verursachten Schäden in Kleinstbeträgen zurückzuzahlen. Spon äußert sich auf Nachfragen der Richter auch zum Wie und Warum seiner Taten. „Die Einbrüche haben mir immer einen Kick verschafft. Ob man es schafft, ohne erwischt zu werden.“ Der Kick habe geholfen, „beim Abschalten von Stress auf Arbeit“, als „Ausgleich“. Er sei zu seinen Diebestouren immer mit seinem Auto von zu Hause aus aufgebrochen, mit Einbruchswerkzeug in seinem Auto. Dann sei er ohne konkretes Ziel durch die Gegend gefahren, habe sich nach möglichst abgelegenen Objekten umgeschaut, von denen zu vermuten war, dass sich in ihnen gerade niemand aufhält – zum Beispiel weil kein Licht brennt. Dann habe Spon sich spontan für dieses Objekt entschieden, die Umgebung näher ausgekundschaftet, an der Tür geklingelt und sich zurückgezogen, um zu beobachten, ob jemand öffnet. War das nicht der Fall, war er sicher genug und suchte die Stelle, an der er am leichtesten einsteigen konnte – mit Handschuhen, um keine Spuren zu hinterlassen.
In der Wohnung selbst habe er mit einer Taschenlampe alle Räume durchsucht und mitgenommen, was ihm von Wert erschien. Ein Ende seiner Einbruchsserie von sich aus war nicht in Sicht. „Ich habe mir kein Limit gesetzt und solange man nicht erwischt wird, ist alles gut“, sagt Spon. Bereits gestern wurden die ersten von rund 50 Zeugen vernommen. Der Verteidiger wollte das aufwendige Verfahren abkürzen, da sein Mandant fast alle Taten sowieso gestanden hat und sich an Details nicht mehr erinnern könne. Aber der Staatsanwalt hatte etwas gegen eine Absprache, weil „die Zeugen das auch brauchen, dem Angeklagten in die Augen schauen wollen“. Schließlich gebe es auch seelischen Schmerz, der verarbeitet werden müsse.
Der Prozess wird am Freitag fortgesetzt. Weitere Verhandlungstermine im April sind bereits angesetzt.
* Name geändert