Von Steffen Gerhardt
Mit „beGEISTERung“ erzählt Sven Rössel von dem Projekt, das Reichenbacher Schüler an ein Instrument oder an den Gesang heranführen wird. Damit will der Direktor der Kreismusikschule „Dreiländereck“ nicht nur musikalische Geister wecken, sondern auch die der Kleinstadt. „Grund- und Oberschüler werden unter fachkundiger Anleitung von zwei Musikpädagogen musikalische Geistergeschichten über die Stadt Reichenbach einstudieren“, erläutert Sven Rössel den tieferen Sinn des Titels „beGEISTERung“, einem Wortspiel aus Geister und begeistern.
Dass die Kreismusikschule ein Schuljahr lang Kindern zwischen acht und 15 Jahren das Spielen eines Instrumentes oder das Singen im Chor ermöglicht, hat sie einer großzügigen Förderung über den Bundesverband der Musikschulen zu verdanken. 13 000 Euro stehen ihr dafür zur Verfügung. „Damit können wir erstmals Kindern eine musikalische Ausbildung bieten, ohne dass sie etwas bezahlen müssen“, freut sich Sven Rössel.
Deshalb soll dieses Angebot über die Grundschule und die Oberschule Reichenbach besonders an Kinder aus sozial schwachen Familien gehen, die sich eine Musikschule sonst nicht leisten können. „Wir haben auch in sozial benachteiligten Familien viele Talente, die es zu entdecken und zu fördern gilt“, sagt der Direktor der Kreismusikschule.
Praktisch gesehen bedeutet das, dass ab dem neuen Schuljahr 2014 sowohl in der Grundschule als auch in der Oberschule in Reichenbach jeweils eine Gruppe für den Chorgesang und eine zum Erlernen eines Blechblasinstrumentes eingeteilt wird. Einmal wöchentlich, voraussichtlich mittwochs nach dem Unterricht, lernen die Mädchen und Jungen das Spielen einer Trompete oder üben den Chorgesang.
Dass die Kinder den richtigen Ton auf den Instrumenten treffen, dafür sorgt Marcus Kuhn. Der Projektleiter ist Diplom-Musikpädagoge und unterrichtet im Nieskyer Schulteil der Kreismusikschule bereits eine Blechbläsergruppe. In Reichenbach sollen die Kinder nicht nur das musikalische Handwerk erlernen, sondern über die Musik auch die Verbindung zu historischen Personen in ihrer Stadt finden. Wie dem Geistlichen Ludwig Eduard Nollau, der im 19. Jahrhundert die Missionierung deutscher Einwanderer im Süden der USA vorantrieb. „Aber auch die durch Reichenbach führende alte Handelsstraße Via Regia bietet viele historische Anhaltspunkte und außerdem werden wir der einen oder anderen Fantasiegestalt begegnen“, ist sich Marcus Kuhn sicher.
Was die Kinder in dem Jahr gelernt haben, soll im Frühsommer 2015 auf einer Abschlussveranstaltung im Via-Regia-Haus in Reichenbach der Öffentlichkeit präsentiert werden. Solange will Bürgermeister Andreas Böer aber nicht warten. Für ihn ist dieses Vorhaben ein wichtiges Projekt, deshalb zögerte er nicht und übernahm die Schirmherrschaft. „Dieses Projekt passt gut in unsere Stadt, zumal beide Seiten etwas davon haben“, sagte Böer und hat dabei schon den nächsten Neujahrsempfang der Stadt Reichenbach vor Augen, „der sich für ein paar musikalischen Kostproben vor großem Publikum anbietet“.
Karin Schnaubelt, Leiterin der Oberschule Reichenbach, ist sich sicher, dass das Interesse an diesem musikalischen Angebot groß sein wird. Denn dass an der Schule musikalisch begabte Kinder und Jugendliche lernen, zeigen sie jedes Frühjahr zu ihrem Talentefest. „Das Projekt ist eine sinnvolle und schöne Ergänzung unserer Ganztagsangebote. Es wird uns neue Talente für unseren Schulchor bringen“, sagt die Schulleiterin. Dabei ist ihr, wie ihrem Kollegen Dieter Pötschke, wichtig, vor allem sozial benachteiligten Kindern die Möglichkeit zu geben, ihr musikalisches Talent zu entdecken und auszuprobieren. Denn auch Dieter Pötschke als Leiter der Grundschule sieht Potenzial und Begeisterung unter seinen Schülern. Dabei will auch er die soziale Komponente nicht vernachlässigen. Aus diesen Gründen zählt zu den Kooperationspartnern für dieses Projekt auch der Kreisverband des DRK. Er ist über Sozialarbeiter nicht nur in der Stadt Reichenbach, sondern auch an den Schulen vertreten.
Mit dem neuen Schuljahr beginnt das Projekt, und interessierte Schüler können sich dafür bei ihrem Klassenlehrer melden. Bürgermeister Andreas Böer setzt darauf, dass nach einem Jahr nicht Schluss ist, weil das Geld alle ist. Denn die titelgebende „beGEISTERung“ könnte zu einem längerfristigen Projekt werden.