SZ +
Merken

Kleingärtner weichen nicht

Für die Südvorstadt soll es einen neuen Gestaltungsplan geben. Doch bei der Suche nach Platz für die Neubauten gibt es Ärger.

Teilen
Folgen
© dpa

Von Annechristin Kleppisch

Eveline Luplow findet klare Worte. Sie ist verärgert. „Die wollen unsere Sparte schleifen. Das lassen wir nicht zu“, sagt die ehemalige CDU-Stadträtin. An der Heinrich-Greif-Straße hat sie einen Garten in der Anlage „Zschertnitzhöhe“. 102 Jahre existiert die Sparte. Nach dem Krieg haben die Menschen hier zeitweise gewohnt, weil ihre Wohnungen zerstört waren. Die Mitglieder sind mit ihrem Idyll und dem Blick über die Stadt verbunden. Doch seit das renommierte Frankfurter Architekturbüro Albert Speer seine Ideen für die Neugestaltung der Südvorstadt vorgestellt hat, ist es vorbei mit der Ruhe hinterm Gartenzaun.

Der von der Stadt beauftragte Plan gibt Richtlinien, wie sich der Stadtteil in den nächsten Jahren entwickeln soll. Freie Grundstücke werden dann nicht mehr wahllos belegt. Vorschriften regeln, wo Wohn- und Forschungsbauten am besten stehen, wo es neue Grünflächen und Sichtachsen geben soll und wo Verbindungswege für Fußgänger und Radler sinnvoll sind.

175 Hektar misst das Gebiet, das der Plan umfasst. Die Kleingartensparte liegt am östlichen Rand in dem Karree zwischen Zelleschem Weg, Heinrich-Greif-Straße, dem Volkspark Zschertnitz und dem Trefftz-Bau der TU Dresden. Die Fläche ist für Wissenschaftsbauten vorgesehen. Das Land hat bereits begonnen, einzelne Grundstücke darin zu kaufen, so zum Beispiel den Garagenhof unterhalb der Gartensparte. „Die Neubauten werden nicht ad hoc entstehen“, sagt Andrea Steinhof vom Stadtplanungsamt. Der Plan soll die Entwicklung in den nächsten 25 bis 30 Jahren lenken. Die Fläche der Kleingartensparte sei die Letzte, die überhaupt in dem Karree bebaut werden soll. Das könne die Stadt über das Bebauungsverfahren regeln. Wenn es überhaupt notwendig ist. Denn bisher liegen der Stadt noch keine konkreten Bauanfragen vor.

Trotzdem sind Unsicherheit, Misstrauen und Wut in der Sparte groß. „Das Vertrauen ist weg“, sagt Frank Börner, der Vorsitzende der „Zschertnitzhöhe“. Dass ihre Gärten überplant wurden, haben die Vereinsmitglieder aus der Zeitung erfahren. „Mit uns hat niemand gesprochen“, sagt Eveline Luplow. Dabei besteht für die Anlage derzeit ein Bestandsschutz. Dieser müsste aufgehoben werden, wenn die Fläche geräumt und neu bebaut werden soll. „Wir werden unsere Gärten nicht verlassen“, sagt sie. Protestplakate hängen am Gartenzaun. „Unsere Gartenanlage soll für TU-Bildungscampus geopfert werden! Nein – wir kämpfen, um zu bleiben“, steht darauf geschrieben.

Die Unsicherheit macht auch die Vereinsarbeit schwer. Im nächsten Jahr müssen die Mitglieder eine Abwasseranlage bauen. Der Vorsitzende rechnet mit Kosten von 7 000 Euro. „Wer gibt denn viel Geld aus, wenn wir später sowieso wegmüssen“, sagt Frank Börner. Die Elektroanlage ist gerade erneuert worden. Auch diese Investition wäre umsonst. „Und was sollen wir neuen Mitgliedern sagen?“ Die Anlage ist beliebt. Alle 103 Gärten sind vergeben. Viele Familien, Studenten und TU-Mitarbeiter haben hier gepachtet. Sieben Interessenten stehen auf der Warteliste. Wenn sie den Garten von älteren Mitgliedern übernehmen, müssen sie ebenfalls investieren. Wie lange sie bleiben können, bleibt offen.

Im Kleingartenbeirat haben sich die Mitglieder über das Vorhaben beschwert. Das Gremium stimmte dafür, dass der Erhalt der Sparte von der Stadt geprüft werden soll. Vorbild ist die Anlage Grabeland in Plauen, die im vergangenen Jahr ebenfalls für Wissenschafts-Neubauten weichen sollte. Sie gilt heute als sicher, weil sie mit dem Bebauungsplan geschützt wurde. „Das wollen wir auch erreichen“, sagt Luplow.