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Kleinkrieg am Berzdorfer See

Ein Imbissbetreiber in Deutsch Ossig bei Görlitz will keine Eisschlecker vom Nachbarn auf seinem Grundstück. Entsprechende Plakate sind zweideutig.

Von Gabriela Lachnit
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Martina und Bernd Otto betreiben in Deutsch Ossig die Milchbar Otto. Sie bieten Eis, Kaffee und Kuchen sowie Imbiss an.
Martina und Bernd Otto betreiben in Deutsch Ossig die Milchbar Otto. Sie bieten Eis, Kaffee und Kuchen sowie Imbiss an. © Gabriela Lachnit

Allmählich entwickelt sich der Berzdorfer See bei Görlitz zum Naherholungsgebiet. An den Ufern buhlen mittlerweile mehr oder weniger weit vom See entfernt gastronomische Einrichtungen in unterschiedlichen Kategorien um Kundschaft. In Deutsch Ossig nimmt das zunehmend bizarre Formen an.

Familie Müller aus Bischofswerda besuchte im vergangenen Sommer mit Enkelkind den Berzdorfer See und genoss die Aussicht von Deutsch Ossig aus übers Wasser. Frau Müller und das Enkelkind hatten in der Milchbar Otto Eis gekauft. Herrn Müller war aber nach etwas Herzhaftem, also gönnte er sich gegenüber eine Rauchwurst von Carari. Die Familie saß auf der Carari-Wiese.

Dann wurde sie von Carari-Mitarbeitern des Grundstücks verwiesen. Dort dürfe nichts vom nachbarlichen Imbiss verspeist werden. Das Argument, man habe ja eine Wurst bei Carari gekauft, ließ man nicht gelten. 

Hinweise eindeutig zweideutig

In diesem Jahr wird das Platzverbot von Carari mit Plakataufstellern untermauert. Wer Speisen und Getränke bei der Milchbar Otto kauft, hat nichts auf der Carari-Fläche zu suchen, wird auf den Plakaten angedeutet. Allerdings könnten sie auch ganz anders gedeutet werden. Nämlich, dass die Gäste Abstand nehmen sollten vom Angebot der Milchbar.

Das ärgert Martina Otto. Ihr Mann Bernd und sie betreiben die Milchbar Otto. Gab es anfangs noch ein nachbarschaftliches Verhältnis mit Ralf Richter, Inhaber von Carari, wie es unter Gewerbetreibenden üblich ist, so wandelte sich das mit der Zeit. Auf Werbeaufstellern, die Otto mitfinanzierte, musste man seinen Namen mit der Lupe suchen. Als es plötzlich bei Carari auch Eis zu kaufen gab und im Vorjahr zusätzlich ein Softeis-Automat direkt den Ottos vor die Nase gestellt wurde, ärgerten sich Ottos zwar immer noch. Aber sie beschlossen, in Ruhe zu reagieren und ihr Angebot zu erweitern. Jetzt gibt es dort  neben Kaffee, Kuchen und Eis auch einen Imbiss und mehr Freisitze.

Das ärgert wiederum Ralf Richter. Vor allem stören ihn die niedrigeren Preise, die Otto für sein Angebot verlangt, sagt Richter im SZ-Gespräch. Er war der erste Imbissbetreiber an diesem Standort. Und er möchte, dass die Gäste respektieren, dass auf seiner Fläche nur Speisen und Getränke verzehrt werden, die bei ihm gekauft wurden. Das den Gästen klar zu machen, verlangt er von den Ottos. Dass er mit dem zweideutigen Plakat wohl übers Ziel hinausschoss, gibt Richter nun im SZ-Gespräch zu.

Das Plakat des Anstoßes.
Das Plakat des Anstoßes. © privat

Immer wieder Zwangspause

In Ruhe ihrem Gewerbe nachkommen können Martina und Bernd Otto nicht. Wegen der Corona-Krise waren die Freisitze bislang gesperrt. Doch die Sperrung hatte auch die städtische Baukontrolle  gewollt. Nach einer Anzeige erfolgte Anfang April eine Ortskontrolle an dem Gut. Das gehört Christian Daume. Er betreibt unter anderem den Rosenhof in Görlitz-Biesnitz sowie Hotel und Gaststätte auf der Landeskrone. Daume vermietet den Ottos den Platz für die Milchbar.

Hinter dem Platz befinden sich unbewohnte, sehr baufällige Gebäude. Die Baukontrolle ordnete die Absperrung des von ihr erkannten Gefahrenbereichs an und untersagte Familie Otto den Verkauf an dieser Stelle.

Erneute Sicherungsmaßnahmen an Gebäuden - etliche waren schon früher erfolgt -führten dazu, dass Familie Otto zunächst zu Ostern Eis verkaufen konnte. Doch ab dem 20. April war wieder Zwangspause, die Baukontrolle sah - offenbar nach weiteren Anzeigen aus dem Umfeld - noch mehr Gefährdungspotenzial. Der Eigentümer ließ daraufhin teilweise Gebäude abbrechen, um den Forderungen aus dem Rathaus nachzukommen. "Bei Ottos ist jetzt alles okay", sagt Daume auf SZ-Nachfrage.

Was sagt die Stadt dazu?

Die Carari-Betreiber: Angelika Tram und Ralf Richter.
Die Carari-Betreiber: Angelika Tram und Ralf Richter. © Archivfoto: Pawel Sosnowski

"Auch ohne Anzeige hätte die Stadt Görlitz zeitnah eine Ortskontrolle durchgeführt", erklärt Hartmut Wilke auf SZ-Anfrage. Diese Objekte würden kontinuierlich als zu sichernde Objekte beobachtet, ergänzt der Leiter des Görlitzer Amtes für Stadtentwicklung. Die von dem Objekt in Deutsch Ossig ausgehenden Gefahren seien allgemein öffentlich sichtbar.

Die Stadt sei an Bernd Otto herangetreten, weil er als Betreiber der an die baufälligen Gebäude angrenzenden Milchbar der Ansprechpartner für das Rathaus sei. Eine Benutzung der Milchbar Otto durch Inhaber, Mitarbeiter oder Kunden sei nicht möglich, wenn von den Gebäuden Einsturzgefahr ausgeht. "Bernd Otto wurden Wege zur Weiterbenutzung seiner Milchbar aufgezeigt", sagt der Amtsleiter. Unter anderem sollte er seinen Verkaufsstand von der gefährdeten Bausubstanz abrücken oder eine zusätzliche Sicherheitsüberdachung herstellen, bis die Einsturzgefahr beseitigt ist.

Hoffnung auf Nutzung des Hofes

Das ist sie nun. Deswegen und wegen der Lockerungen der Corona-Einschränkungen können die Gäste nun auch die Freisitze der Milchbar mit den gebotenen Corona-Abstandsregelungen nutzen. Bernd und Martina Otto hoffen, ab Himmelfahrt auch die Hoffläche wieder nutzen zu dürfen.

Familie Müller war vor Kurzem erneut am Berzdorfer See. Über die Plakate schütteln die Eheleute nur den Kopf. Herr Müller stillte seinen Appetit auf Herzhaftes gleich bei Ottos. Obwohl er sich die Rauchwurst von Carari auch zum Otto-Freisitz hätte bringen lassen können. Damit haben Ottos kein Problem.

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