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Klinikbetrieb läuft trotz Krise weiter

Im Altenberger Raupennest werden 170 Patienten betreut – nicht mal halb so viele wie üblich. Vieles ist inzwischen wieder möglich.

Von Egbert Kamprath
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Im Haus besteht auch für die Chefin Anke Gundel Mundschutzpflicht. Im Freien kann sie in der frischen Luft etwas durchatmen.
Im Haus besteht auch für die Chefin Anke Gundel Mundschutzpflicht. Im Freien kann sie in der frischen Luft etwas durchatmen. © Egbert Kamprath

Es ist ruhig in der Altenberger Rehaklinik Raupennest, unwirklich still. Wo sonst Besucher Richtung Bad liefen und Patienten sich im Bistro angeregt unterhielten, herrscht jetzt weitgehend Leere. Eine große Tafel am Eingang verkündet, dass Unbefugte hier keinen Zutritt haben. 

Im Foyer hängen überall Schilder mit Verhaltensregeln zum Schutz gegen das Corona-Virus, Desinfektionsmittelspender stehen bereit. Nur wenige Patienten sind unterwegs. Seit Mitte März herrscht im Haus als Einrichtung des Gesundheitswesens schon der Ausnahmezustand.

Die Bäderlandschaft wurde geschlossen und darf nur für Therapiezwecke genutzt werden. Selbst zahlende Gesundheitstouristen konnten nicht mehr anreisen, ab Ende März gab es keine Rehapatienten mehr. Eine Anschlussheilbehandlung erhielten nur noch frisch Operierte. Doch da auch die planbaren OPs in den Krankenhäusern weitgehend verschoben wurden, ging ab Ostern die Belegung des Hauses auf bis zu 40 Prozent zurück. Statt durchschnittlich 330 Patienten sind gegenwärtig gerade mal 170 Leute in der Altenberger Rehaklinik.

Schon die Neuaufnahme hat ihre ganz bestimmten Abläufe, um die Ansteckungsgefahr mit dem Corona-Virus zu minimieren. Tests bei der Anreise gibt es nach Auskunft von Anke Gundel, Geschäftsführerin der Rehaklinik, zwar nicht, doch schon vor dem Aufenthalt in Altenberg werden die Patienten kontaktiert. Bei Fieber oder anderen Verdachtsmomenten auf eine Ansteckung gibt es eine Absage. Bei der Ankunft wird Fieber gemessen. Besteht der Verdacht auf eine Infektion, kommt der Patient sofort in Quarantäne.Solche Einzelfälle gab es auch im Raupennest, aber die durchgeführten Tests verliefen alle negativ, schildert Anke Gundel erleichtert: „Zufällig sind gerade sechs neue Zimmer fertig umgebaut worden, die im Ernstfall für einen abgeschlossenen Quarantänebereich mit eigenem Zugang dienen könnten. Da wir nicht wussten, ob irgendwann auch hier italienische Verhältnisse herrschen, haben wir die Abläufe durchgespielt, von der Essensversorgung bis zur Müllbeseitigung und dem Tragen von Schutzkleidung.

Besondere Verhältnisse erfordern besondere Maßnahmen: Am Eingang des Speisesaals wird auf die Verhaltensregeln aufmerksam gemacht.
Besondere Verhältnisse erfordern besondere Maßnahmen: Am Eingang des Speisesaals wird auf die Verhaltensregeln aufmerksam gemacht. © Egbert Kamprath

"Völliges Neuland wird an der Rehaklinik allerdings nicht betreten. Hier herrschen schon immer hohe Hygienestandards, denn auch auf das Auftreten einer normalen Virusgrippe musste man in der Vergangenheit schon mit entsprechenden Schutzmaßnahmen reagieren.

Der Tagesbetrieb jetzt läuft unter vielen Einschränkungen, vor allem, weil sich meist ältere Leute im Raupennest aufhalten, die als besonders gefährdet gelten. So wurden die regelmäßigen Fahrten mit dem Pendelbus nach Altenberg eingestellt, wie auch alle kulturellen Veranstaltungen im Haus. Im Speisesaal gilt jetzt Mindestabstand und an den Tischen stehen deutlich weniger Stühle. Therapiegruppen wurden verkleinert. Das wiederum sehen viele Patienten allerdings sogar als Vorteil, da die Behandlung so individueller ist.

Jürgen Schwalbe aus Hohenstein-Ernstthal genießt es richtiggehend, im verwaisten Bad seine Bahnen für die Sporttherapie zu ziehen. Trotz aller Einschränkungen äußern sich nach Auskunft von Anke Gundel die Patienten positiv über ihren Aufenthalt in Altenberg. Zudem gibt es auch schon erste Erleichterungen.

Das Bad ist für die Öffentlichkeit geschlossen und darf nur für Therapiezwecke genutzt werden. Jürgen Schwalbe aus Hohenstein-Ernstthal zieht völlig allein seine Bahnen.
Das Bad ist für die Öffentlichkeit geschlossen und darf nur für Therapiezwecke genutzt werden. Jürgen Schwalbe aus Hohenstein-Ernstthal zieht völlig allein seine Bahnen. © Egbert Kamprath

So durfte am 1. Mai das geschlossene Bistro intern wieder öffnen. An jedem Tisch steht zwar nur ein Stuhl, doch die Patienten freuen sich trotzdem über den Einzug von einem kleinen Stück Normalität und können hier wieder Kaffee, Kuchen und Eis genießen. Davon profitiert auch die ortsansässige Bäckerei Braun, in der dadurch das Geschäft wieder etwas anläuft. Einen kleinen Laden für Dinge des täglichen Bedarfs gibt es im Haus auch.

Geschäftsführerin Anke Gundel und ihre 220 Mitarbeiter stehen in diesen Tagen vor besonderen Herausforderungen. „Zu Beginn der Krise waren die Rehakliniken in den Notprogrammen schlichtweg vergessen worden. Mittlerweile sind auch wir im Krankenhausentlastungsgesetz aufgenommen und erhalten zumindest 60 Prozent des Reha-Tagessatzes. Dieser ist allerdings von sich aus schon sehr knapp kalkuliert. Deshalb fehlen die Einnahmen aus Bad, Bistro und durch die Gesundheitstouristen doch spürbar. Eine weitere wichtige Abfederung ist die Kurzarbeiterregelung, die wir leider auch für unsere Beschäftigten beantragen mussten“, schildert die Klinikchefin einige Probleme.

Ein wenig Lockerung gab es schon. Seit 1. Mai können die Patienten im Bistro wieder zu Kaffee und Kuchen sitzen. Der Abstand muss dabei aber gewahrt bleiben.
Ein wenig Lockerung gab es schon. Seit 1. Mai können die Patienten im Bistro wieder zu Kaffee und Kuchen sitzen. Der Abstand muss dabei aber gewahrt bleiben. © Egbert Kamprath

Sorgen haben ihr zudem die Einreisebestimmungen für die 30 tschechischen Beschäftigten bereitet. Diese änderten sich immer wieder. Immerhin 50 Prozent des Reinigungspersonals im Haus stammen aus dem Nachbarland und sind aufgrund der erhöhten Hygieneanforderungen jetzt besonders unentbehrlich. Zum Glück ist Pendeln über die Grenze für die Raupennestmitarbeiter wieder normal möglich.

Doch das Leben mit Covid-19 hat auch etwas ganz Besonderes bewirkt. Die Belegschaft der Rehaklinik ist zusammengerückt. Man vermittelt sich gegenseitig das Gefühl: „Wir gehören zusammen!“ So helfen Mitarbeiter in anderen Abteilungen aus, wenn es nötig ist. Darauf ist Chefin Anke Gundel sichtlich stolz. Außerdem gibt es neue Ideen, wie die Einschränkungen überspielt werden können. So müssen Live-Fachvorträge vor Publikum gegenwärtig zwar ausfallen, doch demnächst wird begonnen, diese auf Video aufzuzeichnen. Anschließend laufen diese in den Zimmern auf dem Info-Kanal im Fernsehen.

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