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Kliniken warten auf Corona-Welle

Die Krankenhäuser im Kreis Görlitz haben Isolierstationen geschaffen und konzentrieren sich auf medizinisch Notwendiges. Dabei wächst die Sorge.

Von Ines Eifler
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Das Städtische Klinikum Görlitz ist wie die anderen Krankenhäuser trotz Covid 19 für so viele Patienten wie möglich da.
Das Städtische Klinikum Görlitz ist wie die anderen Krankenhäuser trotz Covid 19 für so viele Patienten wie möglich da. © Nikolai Schmidt (Archiv)

Die Krankenhäuser sind vorbereitet und einem Ansturm an Covid-19-Patienten bestens gewachsen, wenn er denn kommt. Das Städtische Klinikum Görlitz, das Malteser Krankenhaus St. Carolus, das Emmaus Krankenhaus in Niesky – alle haben Isolierstationen geschaffen, ihre Abläufe umgeplant, Personal geschult und verstärkt in den Isolierbereichen eingesetzt. 

Zahlreiche geplante Eingriffe verschoben

Damit genügend Betten für Covid-19-Patienten frei sind, wurden zahlreiche geplante Untersuchungen und Eingriffe bei Patienten mit anderen Erkrankungen verschoben, für die keine dringende medizinische Notwendigkeit besteht. Nach Angaben des Landkreises verringerten die Kliniken im Kreis seit Mitte März die Bettenbelegung um bis zu 45 Prozent. Manche Patienten haben auch von sich aus abgesagt, selbst wenn die Behandlung medizinisch notwendig wäre. Daniela Kleeberg, Leiterin des Malteser Krankenhauses St. Carolus, schätzt den Anteil der verschobenen Termine auf 30 bis 40 Prozent. Da viele Haus- und Fachärzte ihre Sprechstunden eingeschränkt haben, komme es auch zu weniger Einweisungen als sonst.

Medizinisch notwendige Behandlungen finden statt

Im Carolus genau wie im Klinikum und im Emmaus Krankenhaus konzentriert man sich in diesen Wochen neben der Sensibilisierung auf Covid 19 auf die Patienten, die dringende medizinische Hilfe benötigen, chronisch krank sind oder sich langwierigen Behandlungen unterziehen müssen. "Dazu gehören etwa Chemotherapien, Bestrahlungen oder Psychotherapien bei schweren Psychosen", sagt Klinikumsprecherin Katja Pietsch. Daniela Kleeberg vom Carolus nennt neben Krebstherapien lebensgefährliche Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems und der Atmung, Eingriffe und Wundversorgungen bei Entzündungen mit Gefahr einer Blutvergiftung sowie Schmerzbehandlungen, die nicht verschoben werden können. Emmaus-Sprecher Victor Franke sagt, auch Personen mit akuten Gefäßverschlüssen, Unfallverletzte oder Menschen mit Blutungen im Magen-Darm-Bereich müssten weiterhin zeitnah untersucht und behandelt werden. 

Verschobene Eingriffe könnten jetzt akut sein

Unter Umständen seien aber etwa Hernien-, Gallen- oder Schilddrüsenoperationen aufschiebbar, sagt Daniela Kleeberg. Auch das Richten einer Nasenscheidewand oder die Operation eines Hammerzehs könne man verschieben, sagt Katja Pietsch. Krankheitsbilder könnten sich jedoch schnell ändern, sagt der Medizinische Direktor des Städtischen Klinikums, Dr. Eric Hempel: "Einige planbare Eingriffe, die vor drei Wochen noch aufgeschoben werden konnten, sind mittlerweile akut, sodass ein Aufschieben nicht mehr medizinisch vertretbar ist." 

Nur wenige Covid-19-Patienten, keiner auf ITS

Den vielen Patienten, die jetzt eigentlich im Krankenhaus wären, sich von einer Operation erholen würden oder mehr Klarheit über ihr Krankheitsbild aufgrund bestimmter Untersuchungen hätten, stehen zurzeit nur wenige Patienten gegenüber, die wegen Covid 19 behandelt werden. Im Carolus sind es sieben bis zehn Patienten. Sie benötigen bislang keine intensivmedizinische Versorgung. Im Klinikum sind es vier, darunter drei Verdachtsfälle. Das Emmaus Krankenhaus versorgt ebenfalls einige Covid-19-Patienten. 

Nicht infizierte Patienten sicher geschützt

Aufgrund der intensiven Isolierungsmaßnahmen, der strikten Trennung zwischen Infizierten und nicht Betroffenen, dem Besucherstopp und den ohnehin strengen Hygieneregeln im Gesundheitswesen können nicht infizierte Patienten sicher behandelt werden, versichern alle drei Krankenhäuser. Das Klinikum hat die Covid-19-Patienten in einem freistehenden Gebäude im Gelände untergebracht, sodass man sich bei einem Gang durchs Hauptgebäude keine Sorgen um eine mögliche Ansteckung zu machen braucht. Auch im Carolus liegt die Isolierstation in einem entlegeneren Teil des Gebäudes. Und Victor Franke  vom Emmaus Krankenhaus sagt: "Sowohl im Aufnahmebereich als auch auf den Stationen können wir infizierte und nicht-infizierte Patienten sicher voneinander trennen." 

Weniger Bagatellfälle in den Notaufnahmen

Deutliche Entlastung spüren derzeit die Notaufnahmen. Echte Notfälle werden dort weiter empfangen. "Aber Patienten wägen viel stärker ab, ob sie eine Notaufnahme aufsuchen müssen oder nicht", sagt Victor Franke. "Einige haben Angst vor einer Ansteckung, was unbegründet ist." Dr. Eric Hempel vom Klinikum bestätigt das: "Es suchen deutlich weniger Patienten mit Bagatellbeschwerden die Notaufnahme auf." 

Schutzschirm für Krankenhäuser reicht nicht aus

Bei allem Schutz vor einer Ausbreitung des Coronavirus Covid 19, bei aller Vorsorge und Vorbereitung auf eine Welle von Neuerkrankten – weniger Patienten und weniger OPs bedeuten für die Krankenhäuser: weniger Einnahmen. Zwar gibt es einen so genannten Schutzschirm für Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen, der deren wirtschaftliche Stabilität sichern soll. "Der Schutzschirm ist gut, aber noch nicht ausreichend", sagt Katja Pietsch vom Klinikum. Emmaus-Sprecher Victor Franke sagt, die verordnete Bettenfreihaltung werde zwar mit einer Pauschale von circa 560 Euro pro Bett ausgeglichen, aber dieser Betrag decke nicht die tatsächlichen Kosten. "Insbesondere Kosten für das Personal, das wir ja weiterhin vorhalten müssen, sind in dieser Pauschale nicht enthalten." 

Sorge um wirtschaftliche Einbußen

Und auch Daniela Kleeberg vom Carolus sagt: "Unsere Sorge um wirtschaftliche Einbußen ist sehr groß." Die Krankenhäuser hätten es schon ohne Krise schwer, besonders die kleinen Häuser. Das Carolus sei – nach Stabilisierung der personellen Lage im ärztlichen Bereich, vor allem der Chirurgie – gerade auf einem guten Weg gewesen, die Leistung wieder nach oben zu fahren. Die Strategie, Sprechstundenangebot und Leistungsspektrum zu erweitern, werde durch die Krise stark gebremst. 

Trotz dieser Sorge heißt das Signal aus allen drei Häusern: Das Wichtigste ist und bleibt die medizinische Versorgung der Patienten und das Wohlergehen der Mitarbeiter.  

Die aktuellen Zahlen zur Intensivmedizin im Landkreis:

  • Auf Intensivstationen in den Krankenhäusern im Landkreis Görlitz gibt es 63 Betten.
  • 61 von ihnen sind mit einem Beatmungsgerät versehen.
  • Derzeit sind 32 Betten frei (Stand Donnerstag).
  • 30 Betten sind mit anderen, nicht mit Coronavirus-Infizierten belegt. Ein Bett ist mit einem Coronavirus-Patienten belegt. 

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