Von Maik Brückner
In dieser Woche bekommen auch die Viertklässler in Reinhardtsgrimma und in Glashütte ihr Zeugnis. Danach geht es in die wohlverdienten Ferien. Und dann? Viele wissen es nicht. Auch ihre Eltern sind ratlos. Mit ihren Kindern haben sie sich die Oberschulen der Region angeschaut. Besonders gut hat vielen die Schmiedeberger Oberschule gefallen. „Wir haben uns dort angemeldet“, sagt die Cunnersdorferin Heike Steinich. „Und wir waren so glücklich, als wir die Zusage im Briefkasten fanden.“ Anderen Eltern ging es ähnlich. Doch die Freude währte nur ein paar Tage.
Dann lag ein weiterer Brief im Kasten, abgeschickt vom Landratsamt in Pirna. Darin teilte das Amt der Familie mit, dass es sich nicht an den Fahrtkosten für die Schülerbeförderung von Cunnersdorf nach Schmiedeberg beteiligen wird. Mindestens zwei Familien in Cunnersdorf, drei in Reinhardtsgrimma und weiteren in anderen Ortsteilen der Stadt Glashütte, unter anderem Johnsbach, hatten ähnliche Briefe erhalten. Die Eltern waren baff – vor allem die in Cunnersdorf. Denn sie hatten fest damit gerechnet, dass das Landratsamt nicht nur einen Teil der Schülerbeförderungskosten trägt, sondern auch den Schülertransport organisiert. Denn obwohl Cunnersdorf von Schmiedeberg nicht weit weg entfernt ist, fahren die Busse so ungünstig, dass sie für die Schülerbeförderung nicht genutzt werden können. Früher soll es mal eine Linie gegeben haben, die von Cunnersdorf nach Schmiedeberg gefahren ist. Doch die wurde schon vor Jahren eingestellt. Daher lässt das Landratsamt die Schüler aus Cunnersdorf und Reinhardtsgrimma, die bereits jetzt die Oberschule in Schmiedeberg besuchen, mit dem Taxi dorthin bringen. Und genau darauf haben die Eltern gesetzt. Doch die wurden enttäuscht. Das Landratsamt teilte den Eltern mit, dass es nicht bereit ist, die Schülerbeförderung nach Schmiedeberg zu unterstützen. Denn laut den gültigen Regeln des Landratsamtes übernimmt dieses nur „Beförderungskosten für den Besuch der nächstgelegenen, aufnahmefähigen Schule beziehungsweise für den Besuch der verkehrsmäßig am günstigsten gelegenen Schule“. Und das ist im Falle der Cunnersdorfer Kinder die Oberschule in Geising und im Fall der Reinhardtsgrimmaer Schüler die Oberschule in Kreischa.
Mit diesen Schreiben haben die Eltern nicht gerechnet. Schließlich haben sie sich die Auswahl der Schule gut überlegt. Sowohl die Oberschule in Kreischa als auch die in Dipps haben bei den meisten Eltern nicht den besten Ruf. Und die Geisinger Schule war für die meisten gar keine Option. Von Schmiedeberg waren hingegen alle begeistert. „Die Lehrer waren freundlich, die Atmosphäre hat uns gefallen“, sagt Heike Steinich. „Begeistert sind wir vom Konzept der Schule“, ergänzt Silke Reichel aus Reinhardtsgrimma. Diese bietet unter anderem Förderstunden und Lernkurse an. Darüber hinaus kooperiert die Schule mit Firmen im Ort. Die Gießerei zum Beispiel ist seit zwölf Jahren Partner der Schule.
Diese Besonderheiten könnten nun ausschlaggebend sein. Denn Eltern, die die Schulwahl damit begründen, dürfen sich Hoffnung machen, dass das Landratsamt doch noch einlenkt. So wie bei den Cunnersdorfer Kindern, die in der Oberschule auch Russisch lernen wollen. Diese bekamen sofort die Zusagen, dass das Landratsamt ihre Beförderung bezuschusst. Denn diese Fremdsprache wird in der Geisinger Oberschule nicht unterrichtet. Den Reinhardtsgrimmaer Schüler würde die Bereitschaft, Russisch zu lernen zu wollen, nicht helfen, um die Unterstützung vom Landratsamt zu bekommen. Denn auch in Kreischa wird die Sprache unterrichtet.
Schmiedebergs Schulleiterin Katrin Jungnickel hofft, dass es die Kinder aus dem Glashütter Stadtgebiet doch noch an ihre Schule schaffen. Über die Erfolgsaussichten der Eltern wollte sich Irina Heise, Abteilungsleiterin Schulen und Liegenschaften im Landratsamt, gegenüber der SZ nicht äußern. „Derzeit werden die vorliegenden Widersprüche zur Ablehnung intensiv geprüft und alle Argumente sorgfältig abgewogen“, sagt sie. Zwar haben die Eltern für ihre Kinder eine freie Schulwahl, ergänzt sie. Aber eine Beförderung könne „nicht zu jeder Schule finanziert werden.“