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Knappe Kassen bremsen die Kauflust

Sparsamkeit. Die Kunden kaufen heute wenigerAutos als früher.Reparaturen stehen dafür höher im Kurs.

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Von Wolf Dieter Liebschner

Unterm Auto liegen, schrauben, reparieren, aus stumpfem Lack wieder hochglänzende Prachtstücke machen: Das ist auch heute noch der Traum vieler, besonders männlicher Jugendlicher. Wenn das Auto schon das liebste Kind der Deutschen ist, dann ist der berufliche Umgang mit den Karossen nach wie vor einer der begehrtesten Berufe.

Fünf Bewerber pro Lehrstelle

Roland Reiche kann ein Lied davon singen. Der Geschäftsführer der Kraftfahrzeug-Innung Meißen-Riesa-Großenhain-Kamenz berichtet von einem ungebremst starken Andrang auf die begehrten Ausbildungsplätze. „Auf jede Stelle kommt die vier- bis fünffache Bewerberzahl“, sagt er. Und die Zahl der Lehrstellen nimmt ebenso ab wie die Anzahl derjenigen Lehrlinge, die nach ihrer Ausbildung von den Betrieben übernommen werden. „Vor einigen Jahren war das noch anders“, sagt Reiche. „Da gab es kaum einen Lehrling, der nicht von seinem Meister oder einem anderen Betrieb der Branche übernommen worden ist.“ Heute beziffert Reiche die Zahl derjenigen, die nach der Ausbildung ohne feste Arbeitsstelle dastehen auf rund zwei Drittel. Das musste kürzlich auch erst ein Großteil jener 43 jungen Männer erfahren, die von der Innung als Gesellen freigesprochen wurden. Die meisten von ihnen stehen vorerst vor dem Nichts. Derzeit werden 50 Lehrlinge ausgebildet. Insgesamt gehören 141 Betriebe zur Innung. Sie beschäftigen rund 400 Mitarbeiter.

Auch die Welt des glitzernden Chroms ist heftig von der schlechten wirtschaftlichen Großwetterlage in Deutschland erfasst worden. Bundesweit ist die Zahl der Beschäftigten in der Kraftfahrzeug-Branche in den letzten zwölf Jahren von fast 500 000 auf nunmehr 440 000 gesunken. Die Zahl der Autohäuser und Werkstätten fiel um fast ein Fünftel auf 40 000. Damit reduzierte sich auch die Zahl der Lehrlinge: Von 100 000 auf 80 000. „Die Leute haben heute für die Ausgaben rund um das Fahrzeug einfach weniger Geld zur Verfügung.“ So beschreibt Reiche die gegenwärtige Situation. „Wo man früher schneller mit einem Neukauf bei der Hand war, wird heute repariert, repariert, repariert …“ Davon profitieren die freien Werkstätten, die ihre Dienste preisgünstiger anbieten können. An der misslichen Situation für das gesamte Gewerbe ändert das aber nichts. Zwar steigt die Zahl der Kraftfahrzeuge insgesamt weiter an, doch die Autohändler würden sich eine beträchtlich höhere Neuzulassungsquote wünschen. Allein im Landkreis Meißen sank die Zahl der Neuzulassungen von 524 im Februar 2004 auf 320 im vergangenen Monat.

Als Antwort darauf reagieren die Hersteller mit einer fast unüberschaubaren Anzahl von Sondermodellen, die Preisvergleiche heutzutage fast unmöglich machen, aber alle eines gemeinsam haben: Das Versprechen, damit jede Menge Geld zu sparen. Ebenso werden für gebrauchte Wagen stattliche Summen von den Händlern gezahlt. Dieses Geld zahlen zwar die Hersteller, aber für den Händler vor Ort sind auch damit die Gewinnmargen der Vergangenheit nicht mehr erreichbar.

„Kaum einem Autohaus geht es heute gut.“ Dieses Fazit zieht der Geschäftsführer der Innung. Dabei schlägt noch die bundesdeutsche Grundsatzverordnung für das Kfz-Gewerbe zu Buche, nach der jedes Autohaus jede Marke verkaufen kann. „Das ist erstens gut für freie Händler“, sagt Reiche, „und zweitens auch für den Kunden. Er kann sich heute ohne Probleme das günstigste Modell heraussuchen.“ Doch der Konsument bleibt angesichts knapper Kassen reserviert.

Mitgliederzahlen konstant

Trotzdem hält die Innung zusammen. Während andere über Austritte klagen, verzeichnet die 1990 gegründete Kfz-Innung seit Jahren konstante Mitgliederzahlen. „Nur ein Drittel der Branchenbetriebe im Innungsbereich würde auf eine Mitgliedschaft verzichten“, sagt Reiche. Dabei sei Mitarbeit durchaus von Vorteil. „Wir arbeiten eng mit dem Meißner Berufsschulzentrum zusammen und haben damit einen großen Einfluss auf die Ausbildung. Wir haben auch die Hoheit über die Abgasuntersuchungen. Wir machen die Lehrgänge und erteilen die Genehmigungen.“