Von Frank Seibel
Der Aufkleber an der Tür führt in die Irre: „Göppingen – Hohenstaufenstadt“. Doch das ist kein Heimweh-Bekenntnis eines Baden-Württembergers in der Fremde. Kurt Wolf ist in Pethau geboren, das schon lange ein Ortsteil von Zittau ist. Mit der Kleinstadt in Nordbaden verbinden den Leiter des Ordnungsamtes beim Landkreis viele intensive und lehrreiche Kontakte, vor allem in den 90er Jahren. Da waren die Göppinger wichtige Partner beim Aufbau der neuen Kreisverwaltung. Eigentlich wollte der gelernte Elektromeister im neuen Amt für Brand- und Katastrophenschutz mitarbeiten; dafür war 1990 die Stelle ausgeschrieben. Aber der damalige Landrat und spätere Innenminister Heinz Eggert (CDU) hatte anderes im Sinn. „Du baust mir das Ordnungsamt mit auf“, sagte Eggert damals.
Service für Unternehmen
Seitdem hat der bald 55-Jährige mehr mit Paragrafen zu tun als mit Volt und Ampère. Heute ist er als Ordnungsamtsleiter so etwas wie ein Schiedsrichter in der demokratischen Gesellschaft. Er muss darauf achten, dass die Spielregeln eingehalten werden. Das gilt für Wirte, die ihre Gaststätte sauber halten müssen, wie für Leute, die in der Öffentlichkeit demonstrieren wollen; das gilt für Waffenbesitzer – aber vor allem natürlich für Autofahrer. Von allen Strafen, die die Bußgeldstelle des Landkreises wegen Ordnungswidrigkeiten verhängt, gehen 80 Prozent an Verkehrsteilnehmer. Rund 50000 bis 60000 Verfahren wegen Ordnungswidrigkeiten müssen die 16 Mitarbeiter der Bußgeldstelle im Jahr bewältigen, sagt Wolf.
Ein besonderer Schwerpunkt der Arbeit im Ordnungsamt aber ist das Ausländerrecht. Und da kann das Ordnungsamt durchaus zu einem Faktor für die Wirtschaftsförderung werden. Als das Unternehmen Vattenfall jetzt Ingenieure aus Indien nach Boxberg holte, musste die Ausländerbehörde, für die Kurt Wolf zuständig ist, zügig alle Visa-Fragen klären. Aber auch 120 Anträge auf Einbürgerung, 50 davon alleine in der Stadt Görlitz, hat das Ordnungsamt zu bearbeiten.
„Unsere Aufgabe ist es nicht, danach zu suchen, wie ich etwas verhindern kann. Wir müssen auf der Basis der Gesetze nach Lösungen suchen, um etwas möglich zu machen.“ Das ist es, was Kurt Wolf an seiner Aufgabe reizt. „Die moderne Verwaltung ist dazu da, Brücken zu bauen.“ Kunden-Management heißt ein Wort dafür auf Fachchinesisch. „Ich bin immer ein politischer Mensch gewesen“, sagt Kurt Wolf. Sein verstorbener Vater und seine heute in Görlitz lebenden Onkels (95 und 102 Jahre alt) seien ihm immer ein Vorbild in dieser Hinsicht gewesen.
Ein langes Zwischenspiel
Kurt Wolf selbst hat zur Wendezeit das Neue Forum unterstützt. In dieser Phase haben ihn zwei Freunde in die Pflicht genommen: Jetzt müssen wir auch selbst mitgestalten und Verantwortung übernehmen… Als er seine Arbeit bei der Papierverarbeitung Zittau aufgab und bei der Kreisverwaltung einstieg, dachte er, das werde nur eine vorübergehende Aufgabe. Ein schöner Irrtum.