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Koalition uneins: SPD lehnt Lernschule ab

Bildung. Der kleine Bündnispartner legt sein Oberstufenkonzept vor. Es steht dem des Ministers diametral entgegen.

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Von Carola Lauterbach

Selbstständiges Arbeiten als Weg und Ziel: Um das in Gang zu setzen, bedarf es nach Ansicht der SPD-Fraktion einer neuen Lernkultur, weg vom sprichwörtlichen Trichter. Auch oder gerade in der gymnasialen Oberstufe.

Der SPD-Bildungspolitiker Martin Dulig plädiert für eine „neuartige Ausgestaltung des Kurssystems mit Basis- und Vertiefungskursen, mit jahrgangs- und fächerübergreifendem Unterricht“. Das sei gleichzeitig die SPD-Antwort auf zurückgehende Schülerzahlen und den steigenden Bedarf an naturwissenschaftlich gebildeten Fachkräften. In den Mittelpunkt seines gestern vorgestellten Reformpaketes stellt er zudem die sogenannte „Besondere Lernleistung“, ein wissenschaftliches Projekt, an dem der Schüler eigenständig arbeitet. Was bisher nach Angaben des Kultusministeriums fakultativ bereits möglich war, aber nur von etwa drei Prozent der Abiturienten in Anspruch genommen wurde, soll nach SPD-Intention künftig für alle und in allen vier Schulhalbjahren der gymnasialen Oberstufe verpflichtend werden, mindestens fünf Wochenstunden beinhalten und das fünfte Prüfungsfach beim Abitur sein. Das trainiere das wissenschaftliche Arbeiten als wesentliche Voraussetzung zur Studierfähigkeit, so Dulig. Ferner würden damit Lehrerstunden für anderen Unterricht freigesetzt, weil die Pädagogen dabei im Wesentlichen nur für Konsultationen zur Verfügung stehen müssten. Das eröffne auch kleinen Gymnasien im ländlichen Raum neue Möglichkeiten.

Das SPD-Reformpaket steht dem vor sieben Wochen vom Kultusminister vorgestellten diametral entgegen. Steffen Flath (CDU) will die weitgehende Rückkehr zum Unterricht im Klassenverband und damit eine Reduzierung des Kursangebotes und keine Abwahlmöglichkeit von Fächern bis zum Abitur zulassen (die SZ berichtete).

Eine neue Belastungsprobe für die schwarz-rote Koalition im Freistaat. Doch Flath gibt sich betont gelassen. Aus seinem Urlaub heraus begrüßt er, dass „jetzt auch die SPD ein Modell auf den Tisch gelegt“ habe. Das werde nun in seinem Hause – wie alle über 200 eingegangenen Stellungnahmen – sorgfältig geprüft. Nach erstem Überfliegen des SPD-Papiers gebe es jedoch leise Zweifel, ob damit die Halbierung der Abiturientenzahlen zu bewältigen sei, ob es mit dem Schulgesetz und Kultusministerkonferenzvorgaben konform gehe. Nicht zulassen werde er, sagt Flath, dass es damit zu weiteren Einschnitten im Schulnetz komme.

Viel Beifall bekommt Dulig für sein Papier indes von den Grünen, weil es nicht dem „gleichmacherischen Ansatz von Flath“, sondern „den individuellen Begabungen“ Rechnung trage. Die Liberalen hingegen lehnen es ab, weil es „zu Lasten der Allgemeinbildung“ gehe und „das Abitur verkompliziere“.

Richtig sauer ist Thomas Colditz. Der CDU-Schulpolitiker beklagt, dass „ein derartiges öffentliches Vorpreschen“ die Kompromissfindung gefährde. Dafür trage jetzt die SPD die Verantwortung.

Ein Koalitionsgespräch zur Oberstufenreform war vor den Parlamentsferien für den 31. August vereinbart worden.