Von Heinz Schöne
Wlassows Truppen waren auf Seiten Deutschlands kämpfende Russen, Ukrainer, Kosaken usw. Sie waren oft in deutschen Gefangenenlagern angeworben worden und nach Kosakentradition uniformiert. Von ihnen waren in den Apriltagen berittene Einheiten wohl auf der westlichen wie östlichen Elbseite im Einsatz. Dabei wollten sie auf keinen Fall in russische Gefangenschaft geraten, denn sie galten als Landesverräter und wurden dann entsprechend behandelt. Berittene Kundschafter der Roten Armee operierten in dieser Zeit auch in den noch von der Wehrmacht besetzten Gebieten. Hier ein wohl typisches Beispiel aus diesen Tagen. Am Nachmittag des 22. April 1945 hatte oberhalb des Fährweges in Lorenzkirch, außerhalb der Menschenmassen und der Brückenwache, eine Gruppe von zirka 30 Mann gelagert. Alle waren sicher der Meinung, es wären Wlassow-Truppen und niemand kümmerte sich um diese Gruppe. Am späten Nachmittag galoppierten sie außerhalb der voll gestopften Wege über den Hochwasserdamm und auf den Feldern entlang in Richtung Mühle davon. Vor der Mühle gab es ein kurzes Feuergefecht mit einer deutschen Einheit. Danach ritten sie quer durch die Menschenmassen in Richtung Rittergut Kreinitz davon. Es waren doch wohl Kundschafter der Roten Armee. Ob es die Einheit war, die später im Kreinitzer Busch als erste über die Elbe ging, ist eine unbestätigte Vermutung.
Die Flucht aus dem Dorfe Nauwalde am 22. April 1945 in Richtung Elbe: Im Ort hatte sich vorher eine deutsche Nachschubeinheit einquartiert. Über die folgenden Ereignisse berichten Briefe vom 14. Januar und 12. Februar 1946. Gesucht wurde dabei Gewissheit über einen gefallenen Soldaten in Lorenzkirch. Eine Frau, nennen wir sie Reibig, berichtet dabei über folgende Ereignisse: Am Sonntag, dem 22. April, um 12.30 Uhr zogen wir mit Pferd und Wagen und der Abteilung Soldaten in Richtung Elbe.
In Spansberg und Nieska wurde dabei noch auf andere Kameraden gewartet. Nach einer Stunde bei Regen- und Schneeschauern tauchten auf der Straße schon die ersten russischen Panzer auf. Wir aber zogen weiter. Mit uns gingen auch russische Kosaken mit bis zur Elbe. Sie berichtet weiter: „Diese Kosaken haben dann an der Elbe gegen unsere Soldaten gekämpft.“ Die Frage bleibt bestehen, was waren das für Kosaken? Waren es Wlassow-Truppen oder Kundschafter der Roten Armee? Frau Reibig berichtet weiter, was sich noch bis zur Elbe abgespielt hat, kann man nicht beschreiben, dass muss man erlebt haben. Wie viel Menschen unterwegs durch Beschuss starben, wie viele dann an der Elbe vor Angst freiwillig ins Wasser gingen, wird wohl nie zu erfahren sein. Wohl aber wurde berichtet, dass der Kutscher eines Pferdefuhrwerks, ein Soldat, tot neben dem Wagen auf der Wiese lag.
Treibjagd auf Menschen
Frau R. schrieb weiter, dass nach ihrer eigenen Heimkehr im Mai immer noch Mütter fehlten und trotz intensiver Suche nirgendwo gefunden wurden. Sie vermerkte auch, dass eine Frau des Ortes und ihre zehnjährige Tochter schwer verwundet nach Hause kamen und bald danach starben.